Fachinformationen Kommunalverfassungsrecht

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Maskenpflicht in Wahlräumen im Sinne wahlrechtlicher Vorschriften nach § 1 Abs. 7 der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung

Die Anordnung der Maskenpflicht in Wahlräumen im Sinne wahlrechtlicher Vorschriften nach § 1 Abs. 7 der Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung und den Widerspruch zu dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 17.09.2020 haben wir zum Anlass genommen an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport verschiedene Fragen zu stellen, wie mit dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in den Wahllokalen etc. umgegangen werden muss. Wir haben zwischenzeitlich von dem Ministerium eine Stellungnahme zu den verschiedenen Fragestellungen erhalten, die wir an die Mitgliedsstädte und -gemeinden hiermit auszugsweise weiterleiten. Hierbei gelten die Ausführungen zunächst für die am 01.11.2020 stattfindenden Direktwahlen. Ob bzw. inwieweit sich noch Änderungen für die Kommunalwahl am 14.03.2021 ergeben, wird abzuwarten sein.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fragen:

  • Gilt die Pflicht zum Mundschutz auch für die äußeren Bereiche des Wahllokals (Warteschlangen, Wartebereiche auch außerhalb der Räumlichkeiten, sowie anderen Zuwegungen z. B. zu Toiletten)?

Die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gilt auch für Personen, die sich in Bereichen vor den Wahlräumen aufhalten.

  • Nach § 1 Abs. 7 der Corona-Kontakt- und Beschränkungsverordnung gilt die Maskenpflicht in Wahlräumen im Sinne wahlrechtlicher Vorschriften und deren Zuwegung. Nach § 29 KWO wären von dieser Regelung auch die Briefwahlvorstände und die Auszählungswahlvorstände betroffen. Müssten nunmehr auch die Verwaltungsmitarbeiter bei Auszählung der Stimmen eine Maske tragen? Und gilt die Regelung auch für die Auszählung nach 18 h am Wahltag?

Wahlräume im Sinne des § 29 KWO sind Räume, in denen die Wahl vorzunehmen ist und in denen Briefwahlvorstände oder Auszählungswahlvorstände tätig werden.

Die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gilt somit auch für die Mitglieder der Briefwahl- und Auszählungswahlvorstände sowie für die Mitglieder der Urnenwahlvorstände bei der Ergebnisermittlung nach Ablauf der Wahlzeit. Soweit anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere Trennvorrichtungen getroffen werden, ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes entbehrlich. Die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes besteht auch für interessierte Wahlberechtigte, die die Wahlhandlung und Ergebnisermittlung beobachten. Sollten sich diese Personen weigern, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, kann der Wahlvorstand sein Hausrecht ausüben und diese Personen aus dem Wahlraum verweisen (§ 17 Satz 2 KWG).

  • Gilt die Pflicht für den Wahlausschuss?

Der Wahlausschuss tagt nicht in einem Wahlraum i. S. der wahlrechtlichen Vorschriften. Hier gelten die Regelungen, die für das Gebäude gelten, in dem der Wahlausschuss tagt.

  • Inwieweit gilt die Pflicht für die Mitglieder der Wahlvorstände? Bei der Ausgabe der Stimmzettel bzw. bei Einwurf in die Wahlurne?

Die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gilt grundsätzlich für alle Mitglieder des Wahlvorstands, egal mit welchen Tätigkeiten sie am Wahltag betraut sind. Soweit anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere Trennvorrichtungen, getroffen werden, ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes entbehrlich.

  • Handhabung bei Maskenverweigerern bei Wählern? Wählen lassen oder aus Wahlraum verweisen?

Nach § 7 Abs. 1 KWG kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Gründe, bei deren Vorliegen der Wahlvorstand einen Wähler zurückzuweisen hat, sind abschließend in § 39 Abs. 6 Kommunalwahlordnung aufgeführt. Bei der Zurückweisung eines Wählers aus einem anderen Grund (hier: Wähler ohne Mund-Nasen-Bedeckung) liegt ein Wahlfehler vor, der die Anfechtung der Wahl zur Folge haben kann.

  • Handhabung bei Maskenverweigerern bei Mitgliedern im Wahlvorstand? Entbindung vom Dienst/Sanktionsmöglichkeiten?

Für die Mitglieder der Wahl- und Briefwahlvorstände gilt grundsätzlich die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während ihrer Tätigkeit, wenn nicht anderweitige Schutzmaßnahmen getroffen werden. Sollte ein Mitglied eines Wahlvorstands sich am Wahltag oder bei der Ergebnisermittlung an den Folgetagen durch den Auszählungswahlvorstand weigern, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, muss der Gemeindevorstand in jedem Einzelfall entscheiden. Um die Ruhe im Wahlraum, den Ablauf der Wahlhandlung und die Ergebnisermittlung nicht zu stören, sollte auch eine Abberufung dieses Mitglieds geprüft werden. Es ist aber dafür Sorge zu tragen, dass das abberufene Mitglied möglichst durch eine andere Person ersetzt wird, damit der Wahlvorstand während der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung jederzeit beschlussfähig ist.

Wer entgegen § 1 Abs. 7 Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung keinen Mund-Nasen-Schutz im Wahlraum oder der Zuwegung trägt, handelt ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 1a Nr. 24 des Infektionsschutzgesetzes. Das Nichttragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist keine Ordnungswidrigkeit i. S. § 24a HGO.

  • Gilt die Pflicht bei der Durchführung von Briefwahl im Rathaus?

Der Raum, in dem der Wahlberechtigte beim Abholen der Briefwahlunterlagen im Rathaus die Briefwahl vorab im Rathaus ausüben kann, ist kein Wahlraum i. S. § 29 KWO.

Ein Wahlschein kann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KWO schriftlich oder mündlich beim Gemeindevorstand beantragt werden. Einem Wahlberechtigten, der den Wahlschein oder die Briefwahlunterlagen persönlich beim Gemeindevorstand abholt, soll die Möglichkeit gegeben werden, die Briefwahl an Ort und Stelle auszuüben (§ 18 Abs. 5 KWO). Mit dieser Regelung ist die Briefwahl im Rathaus eine weitere gleichberechtigte Möglichkeit neben dem Ausfüllen der Unterlagen in der Wohnung des Wahlberechtigten und deren Rücksendung an den Gemeindevorstand; eine Abweichung von dieser Vorschrift ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich ("...soll ihm die Gelegenheit..."). Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Wenn das Betreten des Rathauses nur mit einem Mund-Nasen-Schutz möglich ist, darf dies grundsätzlich nicht dazu führen, dass ein Wahlberechtigter, der ohne Mund-Nasen-Schutz kommt, die Briefwahlunterlagen bei der Gemeinde abholen oder auch vor Ort die Briefwahl ausüben will, abgewiesen wird. Nach § 7 Abs. 1 KWG kann wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen einem Wahlberechtigten ein Wahlschein zu erteilen ist, sind in § 16a KWO aufgeführt. Sollte einem Wahlberechtigten die Erteilung eines Wahlscheins mit Briefwahlunterlagen und die Briefwahl vor Ort verwehrt werden, weil der Antragsteller keinen Mund-Nasen-Schutz trägt, könnte ein Wahlfehler vorliegen, der die Anfechtung der Wahl zur Folge haben kann.

  • Ist es zur Durchsetzung einer Ordnungswidrigkeit gegen Maskenverweigerer möglich die Wahlbenachrichtigungskarte einzubehalten?

Bei den allgemeinen Kommunalwahlen geben die Wählerinnen und Wähler die Wahlbenachrichtigung ab, § 39 Abs. 3 KWO, sodass bei den Kommunalwahlen die Wahlbenachrichtigung beim Wahlvorstand im Wahlraum verbleibt. Bei Direktwahlen belässt der Wahlvorstand dem Wähler die Wahlbenachrichtigung für eine etwa notwendig werdende Stichwahl (§ 69 Satz 1 KWO). Das Einbehalten der Wahlbenachrichtigung zum Zwecke der Durchsetzung einer Ordnungswidrigkeit ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher in diesem Fall nicht möglich. Hier sollte stattdessen von den anwesenden Mitgliedern des Wahlvorstands in geeigneter Weise dokumentiert werden, welcher Wahlberechtigte oder Wähler die Ordnungswidrigkeit begangen hat.

  • Welche Handhabe gibt es, wenn jemand in der Wahlkabine Maske abnimmt?

Wie bereits ausgeführt sind die Gründe, bei deren Vorliegen eine Wählerin oder ein Wähler vom Wahlvorstand zurückgewiesen werden kann, abschließend in § 39 Abs. 6 KWO aufgeführt. Eine Zurückweisung eines Wählers wegen der Weigerung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ist aufgrund der wahlrechtlichen Bestimmungen nicht möglich. Es müsste vielmehr auch hier § 8 Nr. 5 Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung herangezogen werden.

Wir bitten um Beachtung.