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Aktive Bürger =
Starke Kommunen

In den letzten Jahren ist in Hessen ein beispielhaftes Netz von bürgerschaftlichen Initiativen entstanden. In Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Haushaltsmittel haben die Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit erkannt, in ihrer Kommune selbst "mit anzupacken".
In Hessen sind rund 2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Neben der freiwilligen Feuerwehr engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Organisationen im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Viele Menschen wollen sich allerdings nicht mehr in fest gefügten Strukturen engagieren. Sie wollen vielmehr punktuell und auf Zeit mitarbeiten.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund möchte das in den Mitgliedskommunen bereits vorhandene bürgerschaftliche Engagement bekannt machen und den Anstoß, aber auch Unterstützung geben, dass in möglichst vielen Gemeinden und Städten der freiwillige Einsatz der Bürger gefördert wird.

Aktive Bürger

Landesauszeichnungen für soziales Bürgerengagement

Figuren
© S. Hofschlaeger / PIXELIO

Anlässlich der Verleihung von 16 Landesauszeichnungen für soziales Bürgerengagement sagte der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration Dr. Wolfgang Dippel am Freitag, den 5. Dezember, im Hessischen Landtag: „Ich freue mich am Internationalen Tag des Ehrenamtes, Bürgerinnen und Bürger ehren zu können, die sich in besonderer Weise um das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Gerade weil sich die traditionellen Formen des Zusammenhalts und des Füreinander-Einstehens verändern, kommt dem Bürgerengagement eine besondere und bedeutsame Rolle zu. Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement sind für unser demokratisches Gemeinwesen unverzichtbar.“

„Motor für die Solidarität in unserer Gesellschaft“

Im sozialen Bereich sei vieles ohne den Einsatz der zahlreichen ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürger nicht möglich. „Insbesondere der Einsatz für die Asylsuchenden, die aus den Krisengebieten nach Hessen flüchten, ist ein gutes Beispiel dafür, was bürgerschaftliches Engagement leisten kann. Denn beim Einsatz der freiwilligen Helfer geht es nicht darum, die Versorgung der Asylsuchenden zu sichern, sondern dafür Sorge zu tragen, dass sie sich hier integrieren können und willkommen geheißen werden. Bürgerschaftliches Engagement ist damit ein wichtiger Motor für den Zusammenhalt und die Solidarität in unserer Gesellschaft“, so Dr. Dippel.

Ein weiterer Schwerpunkt sei in diesem Jahr das Thema bürgerschaftliches Engagement im Bereich Umgang mit Ressourcen und Nachhaltigkeit. „Nach dem Motto ‚nicht wegwerfen, sondern reparieren‘ arbeiten einige technisch und handwerklich geschickte Menschen an der Weiterverwertbarkeit von Spielsachen, Möbeln und Haushaltsgeräten. So werden überflüssiger Müll vermieden und Ressourcen geschont. Ein Ziel, dass wir gerne mit dieser Auszeichnung unterstützen wollen“, so Dr. Dippel.

Ziel: Lebendige Gesellschaft mit Zusammenhalt

Dr. Dippel zeichnete im Hessischen Landtag in diesem Jahr acht Einzelpersonen sowie acht Gruppen aus Frankfurt, Wiesbaden und Kassel sowie den Landkreisen Gießen, Groß-Gerau, Marburg-Biedenkopf und Offenbach sowie dem Hochtaunus-, Lahn-Dill-, Main-Kinzig-, Main-Taunus- und dem Odenwaldkreis für besonderes ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement im sozialen Bereich aus. Er erläuterte, Ziel der Hessischen Sozialpolitik sei eine lebendige Gesellschaft mit Gemeinsinn und Zusammenhalt. Gesellschaftliche Teilhabe zu fördern, Ausgrenzungen und Benachteiligungen zu vermeiden und Brüchen entgegenzuwirken seien hier wichtige Bausteine. „Die heute zu Ehrenden sind vorbildliche Vertreter, wenn es darum geht, darauf zu achten, dass in ihrem Umfeld niemand ausgegrenzt oder benachteiligt wird und alle ihre Initiativen eröffnen anderen Chancen“, unterstrich der Staatssekretär.

Die Auszeichnung für soziales Bürgerengagement wird zum zwölften Mal verliehen. Eine Jury hat aus 130 Bewerbungen die 16 Preisträger ausgewählt. Die Geehrten erhalten neben der Landesauszeichnung „Soziales Bürgerengagement“ in Form einer Skulptur ein finanzielles Dankeschön in Höhe von 300 Euro für ihren Verein.

Folgende Gruppen und Einzelpersonen wurden mit der Landesauszeichnung „Soziales Bürgerengagement“ geehrt.

Gruppen:

Demenzbotschafter/innen

Die ehrenamtlichen Demenzbotschafter/innen in Frankfurt am Main sind oder waren Angehörige von an Demenzerkrankten. Die Demenzbotschafter/innen wollen Angehörigen die Angst nehmen und Wege zeigen, mit der Krankheit umzugehen. Es handelt sich dabei um einen Austausch von Betroffenen zu Betroffenen. Jedes Gruppenmitglied berät in dem Stadtteil, in dem es lebt. Sie können aus ihren eigenen Erfahrungen berichten und nennen professionelle Ansprechpartner für Beratung, Diagnostik und Betreuung.

Stimmgeberinnen

Eine engagierte Gruppe von Schülerinnen des Johanneum Gymnasiums in Herborn haben in wechselnder Besetzung bereits zum fünften Mal bei einer Poetry-Slam-Veranstaltung Texte von psychisch erkrankten Jugendlichen der Rehbergschule in Herborn vorgetragen. Die Veranstalter des Poetry-Slams waren auf die Gedichte und Tagebucheinträge psychisch erkrankter Jugendlicher durch die Schülerzeitung der Rehbergschule aufmerksam geworden und wollten diese beeindruckenden Texte gerne im Rahmenprogramm des Wettbewerbs haben. Da die Verfasserinnen und Verfasser dieser Texte nicht selbst auftreten konnten, wurde Kontakt zum örtlichen Gymnasium aufgenommen. Hier erklärten sich Schülerinnen des Leistungskurses Deutsch bereit, als Stimmgeberinnen zu fungieren. Bei den Veranstaltungen werden dem Publikum zunächst die Hintergründe und die Entstehungsgeschichten der Texte durch die Rehbergschule erläutert. Im Anschluss werden die sehr ergreifenden Gedichte und Textauszüge zu Themen wie z.B. Depression, Magersucht, Suizidalität, Schizophrenie etc. von den Stimmgeberinnen vorgetragen.

Freundeskreis Asyl

Der Freundeskreis Asyl ist in Königstein im Taunus tätig. Die Mitglieder übernehmen Patenschaften für Flüchtlinge aus Eritrea, Somalia, Pakistan, Afghanistan, Algerien und unterstützen diese in ihrem Alltag. Die "Paten" halten persönlichen Kontakt, dienen als Ansprechpartner und kümmern sich um die Belange der Familie. Die ärztliche Betreuung, Anmeldung in Kindergarten und Schule werden von den Paten begleitet. Von der Tafel bekommen sie Lebensmittel, sie werden über VHS und Ausländerbeirat mit Sprachkursen versorgt, haben private Kontakte und können so deutsche Konversation üben.

Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit im Odenwaldkreis

In fünf Kommunen des Odenwaldkreises, in Reichelsheim, Erbach, Beerfelden, Höchst und Bad König engagieren sich rund 40 Ehrenamtliche für Flüchtlinge. Die Ehrenamtsagentur des Landkreises kümmert sich um eine Vernetzung der Helferkreise und bietet z.B. für Bürgerinnen und Bürger, die den Flüchtlingen helfen wollen, die Möglichkeit, bestehende Initiativen kennenzulernen. Die Ehrenamtlichen nehmen an fünf Standorten im Kreisgebiet die zugewiesenen Flüchtlinge an die Hand, begleiten sie bei Behördengängen, in den Sportverein, zum Arzt, bei Stadtrundgängen, um die Orientierung zu erleichtern und zu den Kleiderkammern, um sie mit Kleidung zu versorgen.

Ökumenische Flüchtlingshilfe

In der Ökumenischen Flüchtlingshilfe von Bad Soden im Taunus sind rund 25 Ehrenamtliche tätig. Es wird regelmäßig ein Willkommensfrühstück für Flüchtlinge und Helfer veranstaltet, um Gelegenheit zum Austausch und Kennenlernen zu geben. Zahlreiche Unterstützungen wie z. B. Deutschunterricht entwickeln sich in diesen Treffen. Die Flüchtlingshilfe unterstützt und vermittelt von behördlichen Belangen bis hin zu sportlichen Aktivitäten.

Arbeitsgruppe „Sprachkurs für Syrische Asylanten“

Nachdem sich im Sommer dieses Jahres plötzlich viele Flüchtlinge, die in Bischofsheim untergebracht sind, bei der Tafel in Ginsheim-Gustavsburg eingefunden hatten, wurde schnell deutlich, dass ihr dringendstes Anliegen das Erlernen der deutschen Sprache war. Daraufhin hat sich spontan eine Gruppe gebildet, in der Vertreter der Kirchen und anderer Initiativen zusammen kamen. Es gelang tatsächlich sehr schnell einen Deutschkurs für insbesondere syrische Flüchtlinge anzubieten. Mehr als 10 junge Männer haben diese Akut-Hilfe begeistert angenommen. Von der katholischen Kirchengemeinde Bischofsheim wurden ihnen Fahrräder vermittelt um ihre Mobilität zu erhöhen.

Repair Café Wiesbaden Klarenthal

Seit Februar 2013 findet am ersten Samstag im Monat ein Treffen des Repair Cafés im neuen Stadtteilbistro in Wiesbaden-Klarenthal statt. Dort finden sich kundige Helfer, Werkzeug und Material, Tipps und Tricks, Anleitung und Hilfe für alle möglichen Reparaturen. Z.B. für elektrische Geräte, Möbel, Kleidung, Fahrräder und Spielzeug. Die Teilnahme ist kostenlos, lediglich die für die Reparatur erforderlichen Materialkosten müssen erstattet werden. Repair Cafés sind Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit und der Selbsthilfe. Die Beliebtheit der Repair Cafés ist auch ein Signal, dass Menschen Produkte wollen, die man reparieren kann. Die ersten Repair-Cafés in Deutschland gibt es seit 2012. Weltweit gibt es über 400 Repair Cafés. Täglich kommen neue hinzu.

Seniorenwerkstatt Erlensee

Seit mehr als 15 Jahren treffen sich die ehrenamtlichen Mitglieder der Seniorenwerkstatt in einem Werkraum der Georg-Büchner-Schule in Erlensee und reparieren Möbel und anderes für Kindertagesstätten, für die Kirchengemeinden und sonstige ausschließlich soziale Einrichtungen. Häufig sind es Kinderstühle, aber auch Spielsachen und anderes Mobiliar. Die Gruppenmitglieder stellen auch Neues her, wie z.B. Vogelhäuschen, Puppenhäuser, Bällchenbäder und Regale.

Einzelpersonen:

Yasemin Ince

Yasemin Ince engagiert sich in für das Zusammenleben der Kulturen im Stadtteil Kassel-Oberzwehren. Sie fördert türkischsprachige Familien, in dem sie sie in ihrer Freizeit bei Behördengängen, bei Arztbesuchen, bei Schulbesuchen begleitet und bei Wohnungsproblemen unterstützt. Auch die Beratung von Schulen, der Kitas und der Politik vor Ort gehört zu ihren Aktivitäten. Darüber hinaus engagiert sich Frau Ince seit mehr als 10 Jahren für türkischsprachige Sendungen im Freien Radio Kassel. Sie ist zudem ehrenamtliche Initiativensprecherin der Stadt Kassel im „Gesunde Städte“-Netzwerk und arbeitet intensiv mit dem Gesundheitsamt zusammen.

Günther Mehling

Der 84-jährige Günther Mehling ist seit 15 Jahren Sicherheitsberater der Stadt Erlensee und berät Seniorinnen und Senioren rund um das Thema Sicherheit, z.B. über Trickdiebstahl und Haustürgeschäfte, aber auch zu Nachbarschaftshilfen oder zur Sicherheit im Straßenverkehr. Hierzu hat er eine Ausbildung durch das Polizeipräsidium Südhessen absolviert und wird von dort auch fachspezifisch begleitet. Darüber hinaus besucht er Gruppen, um über das Thema zu referieren und bietet eine monatliche Sprechstunde im Foyer des Rathauses oder in der Cafeteria des Hallenbades von Erlensee an, wo er auch Infomaterial verteilt. Auf Wunsch führt Mehling auch Hausbesuche durch. In der vierteljährlich erscheinenden Seniorenzeitung beschäftigt sich Günther Mehling regelmäßig auf einer Seite zum Thema Sicherheit.

Ruth Groll

Ruth Groll (90 Jahre) ist seit mehr als 10 Jahren Vorleserin in Lich. Sie liest regelmäßig in Kindergärten und Schulen vor, aber auch in verschiedenen Senioreneinrichtungen und in der Stadtbibliothek. Groll ist fast täglich zu Vorleseterminen unterwegs. Zudem sitzt sie in der Jury beim Lesewettbewerb der Selma-Lagerlöf-Schule und ist Mitglied der Licher "Lesewiese", einer Gemeinschaft zur Leseförderung. Zum Vorlesen im Seniorenbereich wählt Frau Groll Texte aus, die ältere Menschen interessieren und zu Gesprächen miteinander animieren. Darüber hinaus stellt sie in der Stadtbibliothek neue Literatur vor.

Ann-Katrin Sauer

Ann-Katrin Sauer ist ehrenamtliche Geschäftsführerin der gemeinnützigen gGmbH des Fördervereins Waldschwimmbad Sinn, der sich gegründet hat, weil aufgrund finanzieller Engpässe der Gemeinde Sinn der Fortbestand des kommunalen Freibads, das Waldschwimmbad, nicht gesichert war. Im Jahr 2010 übernahm die gGmbH den gesamten Badebetrieb von der Gemeinde Sinn. Dazu gehören neben der Organisation der Badeaufsicht die Badetechnik, die Überwachung der Wasserqualität sowie die Planung, Organisation und Durchführung des kaufmännischen Bereichs. Daneben wurden in den Jahren 2010 und 2011 umfassende Sanierungsarbeiten im Schwimmbad durchgeführt. Auch hier lag die Planung, Organisation und Durchführung bei der Geschäftsführung der gGmbH, welche eigenständig auch die Finanzierung dieser Investitionen stemmte. Hierbei ist besonders zu bemerken, dass Ann-Katrin Sauer die umfassenden Arbeiten neben ihren Jura-Staatsexamensprüfungen durchführte. Heute engagiert sich Sauer viele Stunden wöchentlich, obwohl sie gleichzeitig beruflich vollzeitig tätig ist und drei Kinder hat.

Elfriede Köhler

Frau Elfriede Köhler ist seit 1989 im Arbeitskreis Menschenrechte und Menschenwürde in Lohra engagiert und war an dessen Gründung maßgeblich beteiligt. Seitdem unterstützt Frau Köhler die Integration von Flüchtlingen und den Kampf gegen Rassismus. Sie bringt den Neuankömmlingen Deutsch bei und begleitet sie bei Arzt- und Verwaltungsgängen.

Eleonore Blöcher

Eleonore Blöcher ist eingebunden in das Mühlheimer Vereinsleben, engagiert sich im Vorstand der Bürger- und Seniorenhilfe, ist ausgebildete Engagement-Lotsin und hat sich früher in der Ehrenamtsförderung, der Hospizarbeit und der Demenzbetreuung eingebracht. Diese Erfahrungen bringt sie auch für ihr neues Projekt, den Aufbau eines Freundeskreises für Flüchtlinge in Mühlheim am Main, ein. Im Rahmen einer Informationswoche zum Thema „Flucht“, die im Frühjahr 2014 durchgeführt wurde, fanden sich über 30  Bürgerinnen und Bürger, die den Flüchtlingen helfen wollten.

Blöcher unterstützt die freiwilligen Helferinnen und Helfern dabei, passende Betätigungsfelder zu erschließen.

Tom Müller

Der 12-jährige Schüler Tom Müller aus Erbach hatte aus eigenem Antrieb das Bedürfnis einem Flüchtlingsjungen zu helfen. Tom Müller nahm einen 10jährigen syrischen Jungen buchstäblich an der Hand und ging mit ihm zu seinem Sportverein. Er wurde von Tom Müller über mehrere Wochen abgeholt, zum Sportverein in die Handballgruppe gebracht und nach Hause begleitet. Mit Unterstützung der Ehrenamtsagentur und der Mutter wurde die Übernahme des Vereinsbeitrages geregelt. Der syrische Junge hat durch Tom Müller den Weg in den Sportverein gefunden, den er nun selbständig besuchen kann.

Rüdiger Frenk

Rüdiger Frenk kümmert sich seit 2009 um alles, was in den 190 Kitas im Kreis Offenbach kaputt geht. Mit seinem Ingenieurwissen und seinem handwerklichen Geschick repariert er z.B. Stühlchen, Rädchen, Puppenstuben, Ritterburgen aber auch defekte Küchenmaschinen, schleift Küchenmesser und Bastelscheren. Im Durchschnitt sind es ca. 50 Einrichtungen pro Jahr, in denen er bis zu 800 Objekte wieder nutzbar macht. Er zeigt den Kindern, wie Spielzeuge repariert und in Stand gehalten werden, stellt kostenlos Zeit, Ausrüstung und Material zur Verfügung. Neben dem Engagement für die Kitas findet Herr Frenk auch noch Zeit, in einer Schuldnerberatung ehrenamtlich mitzuarbeiten.