aktBuerg

Aktive Bürger =
Starke Kommunen

In den letzten Jahren ist in Hessen ein beispielhaftes Netz von bürgerschaftlichen Initiativen entstanden. In Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Haushaltsmittel haben die Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit erkannt, in ihrer Kommune selbst "mit anzupacken".
In Hessen sind rund 2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Neben der freiwilligen Feuerwehr engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Organisationen im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Viele Menschen wollen sich allerdings nicht mehr in fest gefügten Strukturen engagieren. Sie wollen vielmehr punktuell und auf Zeit mitarbeiten.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund möchte das in den Mitgliedskommunen bereits vorhandene bürgerschaftliche Engagement bekannt machen und den Anstoß, aber auch Unterstützung geben, dass in möglichst vielen Gemeinden und Städten der freiwillige Einsatz der Bürger gefördert wird.

Aktive Bürger

Frische Ideen für die Seniorenarbeit in Stadt und Kreis

Die Frage nach dem zukünftigen „Alt-sein“ stellt sich über kurz oder lang jedem. Leben im Alter ist ein großes Gesellschaftsthema, das relativ häufig mit Problemen und selten mit Chancen und Möglichkeiten verbunden ist. Was bedeutet alt werden in ländlichen Räumen heute und was brauchen ältere Menschen auf dem Land, um auch im dritten Lebensalter aktiver Teil ihrer Gemeinde sein zu können?

amoeneburg
© Stadt Amöneburg

Amöneburg ist eine ländliche Kleinstadt im Mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der historische Ort ist auf einem Berg gelegen und weist mit den engen Fachwerkgassen, den Resten eines ehemaligen Schlosses und weiteren Befestigungsanlagen auf ein großes geschichtliches Erbe hin. Heute leben etwas mehr als 5.000 Einwohner in der Kleinstadt, verteilt auf fünf Stadtteile. 

Mittagstisch und Infoveranstaltungen

Amöneburg erfreut sich einer aktiven Bürgerschaft. So wurde im Jahr 2010 ein Bürgerverein gegründet, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Bürgerengagement in allen Stadtteilen zu aktivieren und Menschen mit Hilfe und Pflegebedarf den Verbleib in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen.

In Zeiten wo sich die Gastronomie aus vielen Dörfern zurückzieht, hat es sich der Bürgerverein zur Aufgabe gemacht, Treffpunkte gerade für ältere Menschen anzubieten. Ein wichtiger Schritt war hier die Einrichtung eines Mittagstisches in den Bürgerhäusern. Dienstags und donnerstags finden sich in Mardorf Menschen für das gemeinsame Mittagsessen mit anschließendem Kaffeetrinken im ehemaligen Schwesternhaus zusammen. Hier geht es nicht nur um das Essen, sondern vielmehr um soziale Kontakte und um das Erlebnis von Gemeinschaft. Auch in anderen Stadtteilen wird inzwischen ein wöchentlicher Mittagstisch angeboten.  Für Bürgermeister Michael Plettenberg steht die Einrichtung von Mittagstischen in öffentlichen Gebäuden für eine Renaissance der Bürgerhäuser. Nicht nur die Verköstigung durch einen Caterer setzt hier Akzente, sondern auch ein offener Treffpunkt mit Handarbeit, Spielen und Gesprächen ist ein wichtiges Angebot gerade für ältere Menschen in der Stadt. Der Bürgerverein organisiert zudem Informationsveranstaltungen  zu den verschiedensten Themen im Alter, wie Gesundheit, Leben mit Demenz, Erbrecht oder Erste Hilfe.

 

Netzwerk für die lokale Seniorenarbeit

Der Bürgerverein hat eine enge Anbindung an die Stadtverwaltung. Burkhard Wachtel ist Leiter des Amtes für Ordnung, Soziales und Nachbarschaftshilfe. Er hat den Aufbau des Bürgervereins begleitet und ist Ansprechpartner für den örtlichen Seniorenbeirat. Mit seinem Engagement  ist auch die sogenannte Bürgerhilfe entstanden, die im Rahmen des Bürgervereins Menschen betreut, die in ihrer vertrauten Umgebung leben und alt werden wollen. Um Hilfsbedürftige zu unterstützen und pflegende Angehörige zu entlasten, ist ein wohnortnahes Angebot erforderlich, für das sich die Bürgerhilfe der Stadt Amöneburg verantwortlich weiß. Mehr als 140 Bürger/innen haben sich für diese Aufgabe ausbilden lassen. Die Nachfrage nach den Hilfsangeboten steigt kontinuierlich. Aktuell unterstützt die Bürgerhilfe mehr als 130 Personen in ihrem Alltag. Die Helfer/innen erhalten eine Aufwandsentschädigung und werden mit Erfahrungsaustausch und verschiedenen relevanten Informationen in ihrem sozialen Engagement unterstützt. Zusätzlich gibt es eine Gruppe für demenzkranke Menschen und ihren Angehörigen. Unter dem Titel „MOMent!“ geht es hier um motorisches und mentales Training für Betroffene. Die Gruppe engagiert sich auch für eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das sensible Thema der Demenz und setzt sich ein für die Teilnahmemöglichkeiten von Menschen am öffentlichen Leben – mit Bewegungsangeboten und sportlichen Aktivitäten für demenziell Betroffene.

Hildegard Kräling ist Vorstandsmitglied des Bürgervereins und sie ist eine der „Motoren“ für den örtlichen Seniorenbeirat. Der Seniorenbeirat  berät die städtischen Organe in allen Angelegenheiten, die ältere Menschen betreffen und sorgt damit für die Verbesserung der Lebensqualität und die Stärkung des Rechts auf Selbstbestimmung. Das Gremium arbeitet ehrenamtlich und ist parteipolitisch und konfessionell neutral.

Seniorenbeirat, Bürgerverein, Seniorenprojekte und die Kommune arbeiten in Amöneburg eng zusammen. Die Erfahrungen aus der Arbeit in Amöneburg bringt Frau Kräling  zusätzlich auch in die Arbeit des Kreisseniorenrates ein.

 

Kreisseniorenrat Marburg-Biedenkopf

Der Kreisseniorenrat in Marburg-Biedenkopf ist das einzige Kreisgremium der Seniorinnen und Senioren in Hessen, das sich nach einer demokratischen Wahl  aus Vertretern der kreisangehörigen Kommunen und der Stadt Marburg zusammengesetzt wird. Seit seiner  konstituierenden Sitzung im Februar 2016 vertreten 25 ehrenamtliche Mitglieder aus 18 Kommunen die Interessen der älteren Generation auf Kreisebene. Der Kreisseniorenrat ist Sprachrohr in Zusammenarbeit mit den Institutionen, Verbänden und Gruppen, die sich um die Anliegen älterer Menschen kümmern. So auch für den Seniorenbeirat der Stadt Amöneburg bzw. der Bürgerverein in Amöneburg-Mardorf.

Der Aktionsradius von Älteren wird kleiner und findet vorrangig im Nahbereich des Wohnumfeldes statt. Darum ist die Bereitstellung von barrierefreien und niederschwelligen Angeboten so wichtig. Die Seniorenbeiräte im Landkreis Marburg-Biedenkopf bringen die notwendige Mobilität von älteren Menschen in der Kreispolitik ein. Durch Begehung von Straßen, Bürgersteigen und Bushaltestellen machen die Seniorenräte auf Hindernisse für die Teilhabe von älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben aufmerksam.

 

Aktive Senioren stärken ihr Gemeinwesen

Im Marburger Land funktionieren die gewachsenen sozialen Bindungen, getragen von Familien, Nachbarschaft, Kirchengemeinden und Vereinen, noch relativ gut. Selbsthilfe und Nachbarschaft spielen bei der Bewältigung von alltäglichen Problemen eine wichtige Rolle. Die Seniorenvertretungen machen nicht nur auf die Probleme aufmerksam, die das Leben auf dem Land für älteren Menschen mit sich bringt, sondern sie tragen durch ihr konkretes Engagement dazu bei, dass ihr Ort auch für das Dritte Lebensalter lebenswert bleibt und/oder wieder wird.

Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt Bürgerbusse im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Durch einen selbstorganisierten Busverkehr wird die Mobilität der Seniorinnen und Senioren unterstützt. In Amöneburg pendelt montags ein Bus und bringt die Menschen zum Einkauf, zum Mittagstisch oder in andere Stadtteile. Mit dem Bürgerbus wird das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs  im Marburger Land spürbar verbessert.

Ein anderes Beispiel sind Computerkurse für ältere Menschen, die in Kommunen angeboten werden und helfen, auch über das eigene Wohnumfeld hinaus mit Menschen in Kontakt zu bleiben. Gesundheitstage oder die Bereitstellung von Notfallboxen für Alleinstehende sind eine wichtige Unterstützung für das Leben in den eigenen vier Wänden.

Bei den Treffen des Kreisseniorenrates werden gemeinsame „Baustellen“ im Seniorenengagement besprochen wie Cafés für alle Generationen, die Wohnsituation, die Ortsbelebung und Altenhilfe oder die Erreichbarkeit der medizinischen Versorgung älterer Menschen.

Ausgebuchte „Seniorenaktivwochen“ in den Gemeinden zeigen, dass die Angebote und das Anliegen der Beiräte im Kreis „ankommen“. Durch Bürgerberatungen, Empfehlungen und Veranstaltungen gelingt es dem Netzwerk der Beiräte im Marburger und im Hinterland die Stimme des dritten Lebensalters deutlich vernehmbar zu machen.