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Mietrecht

Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des HSGB 2011 bis 2013

Am 01.05.2013 ist das Mietrechtsänderungsgesetz (BGBl. I, 434) in Kraft getreten. Mit Wirkung zum 01.07.2013 gelten die Regelungen zum Contracting und der gewerblichen Wärmelieferung durch ein spezialisiertes Unternehmen. Die neuen mietrechtlichen Regelungen sollen für mehr Klimaschutz sorgen und die Energiewende unterstützen. Sie sollen Anreize zur energetischen Sanierung schaffen, Abhilfe gegen das sog. Mietnomadentum schaffen und den Mieterschutz der Umwandlung von Miete in Eigentum stärken. Die Änderungen umfassen insbesondere folgende Regelungenkomplexe:

  • Die energetische Modernisierung von Wohnraum (§§ 555 a bis 555 f BGB)
  • die Einführung eines ökologischen Mietspiegels (§ 558 Abs. 2 BGB)
  • die Absenkung der Kappungsgrenze für Erhöhungen von Bestandsmieten bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, sog. Landesöffnungsklausel (§ 558 Abs. 3 S. 3, 4 BGB)
  • die Vereinfachte Räumung von Wohnraum; wirkungsvolleres Vorgehen gegen das sog. Mietnomadentum (§ 569 Abs. 2 BGB; §§ 272 Abs. 4, 940 a Abs. 2 ZPO)
  • das Wärmecontracting (§ 556 c BGB)
  • die Unterbindung des „Münchener Modells“ (§ 577 a BGB)

Hierzu im Einzelnen:

1. Energetische Modernisierung
Die Vorschriften über die Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wurden reformiert. Größeres Gewicht erhält der neugeschaffene Tatbestand der „energetischen Modernisierung“. Er umfasst alle Maßnahmen, die zur Endenergieeinsparung in Bezug auf die Mietsache beitragen, etwa den Einsatz von Solartechnik für die Warmwasserbereitung. Rein klimaschützende Maßnahmen oder Maßnahmen wie die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach, deren Strom der Vermieter in das öffentliche Stromnetz einspeist, muss der Mieter zwar dulden. Sie berechtigen aber nicht zur Mieterhöhung.

Energetische Modernisierungsmaßnahmen führen für eine begrenzte Zeit von drei Monaten nicht mehr zu einer Mietminderung. Ist etwa eine Dämmung der Außenfassade mit Baulärm verbunden, ist für die Dauer von drei Monaten die Mietminderung wegen dieser Beeinträchtigung ausgeschlossen. Der vorübergehende Minderungsausschluss gilt nur für energetische Modernisierungen. Bei anderen Modernisierungen (z.B. Modernisierung eines Bades) bleibt es beim unbeschränkten Minderungsrecht.

Das geltende Recht, dass die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen mit jährlich maximal 11 % auf die Miete umgelegt werden können, wurde nicht verändert. Die Umlagemöglichkeit gilt auch für die energetische Modernisierungsmaßnahme. Die formalen Anforderungen an die Begründungspflichten des Vermieters bei Modernisierungen wurden gesenkt, um überzogene Anforderungen zu beseitigen. Der Vermieter kann sich etwa auf anerkannte Pauschalwerte berufen, um die Wärmeleitfähigkeit alter Fenster zu beschreiben, die ausgetauscht werden sollen. Die Rechtsprechung verlangte hier bisher teilweise kostspielige Sachverständigengut-achten.

2. Einführung eines ökologischen Mietspiegels
In den Vorschriften über die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) wird gesetzlich gleichgestellt, dass die energetische Ausstattung und Beschaffenheit bei der Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen sind. Energetische Kriterien sollen so künftig auch verstärkt in Mietspiegeln abgebildet werden.

3. Absenkung der Kappungsgrenze für Erhöhung von Bestandsmieten bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, sog. Landesöffnungsklausel
In § 558 Abs. 3 BGB wird eine Regelung eingefügt, wonach die Bundesländer für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten per Rechtsverordnung die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete von 20 % auf 15 % absenken und so flexibel auf Mietsteigerungen besonders in Ballungsräumen reagieren können.

4. Vereinfachte Räumung von Wohnraum; wirkungsvolles Vorgehen gegen das Mietnomadentum
Gegen das sog. Mietnomadentum kann durch neue Verfahrensregeln verbessert vorgegangen werden:

Räumungssachen sind künftig vorrangig von den Gerichten zu bearbeiten. Hier ist eine besonders schnelle Durchführung des Verfahrens erforderlich, um nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Klageforderung monatlich um das auflaufende Nutzungsentgelt erhöht, falls der Mieter oder Pächter nicht zahlt. Deshalb sind Räumungsprozesse schneller als andere Zivilprozesse durchzuführen. Sie sind vorrangig zu terminieren. Die Frist zur Stellungnahme für die Parteien ist auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren.

Mit einer neuen Sicherungsanordnung kann der Mieter vom Gericht verpflichtet werden, für die während eines Gerichtsverfahrens Monat für Monat auflaufende Miete eine Sicherheit zu leisten. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter durch das Gerichtsverfahren einen wirtschaftlichen Schaden erleidet, weil der Mieter am Ende des Prozesses nicht mehr in der Lage ist, die während des Prozesses aufgelaufenen Mietschulden zu bezahlen. Befolgt der Mieter bei einer Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs eine vom Gericht erlassene Sicherungsanordnung nicht, kann der Vermieter im Wege des einstweiligen Rechtschutzes schneller als bislang ein Räumungsurteil erwirken.

Die in der Praxis entwickelte „Berliner Räumung“ erleichtert die Vollstreckung von Räumungsurteilen. Sie wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Hat ein Vermieter vor Gericht ein Räumungsurteil erstritten, so soll der Gerichtvollzieher die Wohnung räumen können, ohne gleichzeitig die – oft kostenaufwendige – Wegschaffung und Einlagerung der Gegenstände in der Wohnung durchzuführen. Die Räumung kann also darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz der Wohnung zu setzen. Auf diese Weise fällt kein Kostenvorschuss für Abtransport und Einlagerung der in der Wohnung verbleibenden Gegenstände an. Die Haftung des Vermieters für die vom Schuldner zurückgelassenen Gegenstände wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt.

Wenn der Gerichtsvollzieher an der Wohnungstür klingelt, um ein Räumungsurteil zu vollstrecken, öffnet manchmal ein Unbekannter die Tür und behauptet Untermieter zu sein. Auch wenn der Vermieter von der Untermiete nichts wusste, kann die Wohnung zunächst nicht geräumt werden, weil das Räumungsurteil nur gegen die Personen wirkt, die dort benannt sind. Ein neuer Anspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren gibt dem Vermieter die Möglichkeit, in dieser Situation schnell einen weiteren Räumungstitel auch gegen den unberechtigten Untermieter zu bekommen.

5. Wärmecontracting
Mit der Umstellung auf Contracting (gewerbliche Wärmelieferung durch ein spezialisiertes Unternehmen) kann Energie gespart oder effizienter genutzt werden. Vermieter, die bisher in Eigenregie für die Wärmeversorgung ihrer Häuser gesorgt haben, können einen Beitrag zu Klimaschutz und Ressourcenschonung leisten, wenn sie einen gewerblichen Wärmelieferanten beauftragen, der in der Regel in eine neue, sparsamere Heizungsanlage investiert. Die Umlage der Contractingkosten auf den Mieter anstelle der bisherigen Heizkosten und damit ein Umstellungsanspruch des Vermieters, wird gesetzlich geregelt. Wenn Vermieter von der Wärmeversorgung in Eigenregie auf Wärmelieferung durch einen gewerblichen Anbieter umstellen, können sie die Kosten dieser Wärmelieferung künftig unter folgenden Voraussetzungen als Betriebskosten auf den Mieter umlegen: In der Regel muss der Contractor eine neue Anlage errichten oder die Wärme aus einem Wärmenetz liefern, z.B. als Fernwärme oder aus Blockheizkraftwerk. Bei Bestandsanlagen, die noch effizient weiter betrieben werden können, kann er sich auch auf die verbesserte Betriebsführung beschränken. In jedem Fall muss die Umstellung für den Mieter kostenneutral sein. Außerdem muss die Umstellung rechtzeitig zuvor angekündigt werden, damit der betroffene Mieter prüfen kann, ob die Voraussetzungen für eine spätere Umlage als Betriebskosten tatsächlich vorliegen.

6. Unterbindung des „Münchener Modells“
Der bewährte Mieterschutz bei der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen darf nicht durch das sog. Münchener Modell umgangen werden. § 577 a BGB sieht derzeit einen Schutz vor Eigenbedarfskündigungen für drei Jahre vor, wenn Mietshäuser in Wohneigentum umgewandelt und die Wohnungen sodann veräußert werden. Die Landesregierungen können diese Frist für gefährdete Gebiete (Ballungsräume) bis auf zehn Jahre verlängern. Das „Münchener Modell“ ist dadurch geprägt, dass eine Personengesellschaft (z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts) ein Mietshaus von vorn herein mit dem Ziel erwirbt, ihren Mitgliedern die Nutzung der Wohnungen zu ermöglichen und die Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Noch vor der Umwandlung kündigt die Gesellschaft einem oder mehreren Mietern wegen Eigenbedarfs einzelner Gesellschafter. Auf diese Weise wird der in § 577 a BGB verankerte Schutz vor Eigenbedarfskündigungen nach Umwandlung in Wohneigentum umgangen. Diese Schutzlücke wird jetzt geschlossen.

Wir haben in zwei Eildienst-Mitteilungen (Nr. 4 – ED 26 vom 18.02.2013; Nr. 7 – ED 65 vom 23.05.2013) über die verschiedenen Änderungen berichtet.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regelungen in der Praxis auswirken.