Fachinformationen Asyl / Flüchtlinge

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RGRE-Kampagne: Aufruf zu einer echten gemeinsamen Asylpolitik

Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) hat die Kampagne „Aufruf zu einer echten gemeinsamen europäischen Asylpolitik“ ins Leben gerufen. Die Initiative greift wesentliche Forderungen des DStGB für eine europäische Strategie in der Flüchtlings- und Asylpolitik auf und wird aktiv vom DStGB unterstützt.

Asyl Flüchtlinge
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Bürgermeister, Landräte und gewählte Vertreter/innen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften des Europäischen Dachverbandes treten darin für eine stärker koordinierte gemeinsame europäische Asylpolitik ein und richten sich mit wesentlichen kommunalen Forderungen zur Finanzierung, Sicherheit und der Integration von Flüchtlingen an die Europäische Union und die Mitgliedstaaten. Ziel ist es, die Zusammenarbeit in Europa auszubauen, um die Integration von Flüchtlingen in Städten, Gemeinden und Regionen besser zu koordinieren und solidarisch zu lösen.

Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) hat die Kampagne „Aufruf zu einer echten gemeinsamen europäischen Asylpolitik“ anlässlich des europäischen Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas in Zypern ins Leben gerufen. Der Aufruf ist nunmehr auch in der deutschen Version erschienen.

Ziel der Kampagne

Ziel der Kampagne ist, die Zusammenarbeit mit und in der Europäischen Union (EU), den Mitgliedstaaten, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie den dort gewählten Vertreter/innen zu stärken, um die Integration von Flüchtlingen in Städten, Gemeinden und Regionen europaweit besser zu koordinieren und fairer auszugestalten. Wesentliche Kernforderungen des Aufrufs sind die Achtung der kommunalen Selbstverwaltung sowie die Sicherstellung der not-wendigen Mittel für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen.

Inhalte und Positionen

Der Aufruf enthält die folgenden wesentlichen Inhalte und Positionen:

Wir, Bürgermeister, Landräte und gewählte Vertreter/innen lokaler und regionaler Gebietskörperschaften, versammelt im Hauptausschuss des Rates der Gemeinden und Regionen Europas repräsentieren 130.000 europäische kommunale Gebietskörperschaften unserer 55 nationalen Mitgliedsverbände und fordern anlässlich des europäischen Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas in Zypern eine gemeinsame europäische Asylpolitik […]

Drücken unser Bekenntnis zu den humanitären Werten, die dem europäischen Projekt zugrunde liegen, aus und weisen erneut auf die notwendige Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und über sie hinaus hin;

Bestätigen erneut, dass eine erfolgreiche Integration die Anerkennung der europäischen Werte durch die Flüchtlinge erfordert, insbesondere der Menschenrechte und der Gleichberechtigung der Geschlechter;

Fordern erneut, dass die Flüchtlingskrise auf europäischer Ebene mit einem europäischen Asylrecht gelöst werden muss, das alle Mitglied-staaten einbezieht und begrüßen in diesem Sinne die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission, das Europäische Asylsystem zu reformieren und sichere und legale Wege nach Europa zu errichten;

Bestätigen erneut unser Bekenntnis zur Errichtung eines fairen, solidarischen und permanenten Umverteilungssystems für Flüchtlinge in alle Länder der Europäischen Union, direkt und über sichere Reisewege von den Hotspots und den Nachbarländern der EU, unter Einhaltung der bestehenden Bestimmungen des EU-Vertrages zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts;

Nehmen das kürzlich verabschiedete EU-Abkommen mit der Türkei zur Kenntnis, fordern allerdings eine zuverlässige und strenge Überwachung der Umsetzung und eine Bewertung der Ergebnisse innerhalb eines angemessenen Zeitraums;

Erinnern daran, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Türkei, soweit anwendbar, die internationalen und europäischen humanitären und asylpolitischen Regelungen, die in der Charta der Vereinten Nationen, der EU-Grundrechtecharta, dem Genfer Abkommen, dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie in den EU-Verträgen und Richtlinien enthalten festgeschrieben sind, ein-halten;

Fordern über die Umsetzung des Abkommens vom September 2015 für 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien sowie jenes mit der Türkei hinaus, kontrollierte und gut organisierte Umverteilungsverfahren auf der Basis des Schutzes des internationalen und europäischen Rechts;

Bekennen unsere volle Solidarität mit allen Kommunalpolitikern/innen in ganz Europa und den Balkanländern, aber auch mit jenen in der Türkei und im Mittleren Osten, einschließlich dem Libanon und Jordanien, die Flüchtlinge in ihren Gemeinden aufnehmen und weiterleiten, und bestätigen erneut unsere Unterstützung für alle Maßnahmen, die da-rauf hinzielen, die Ursachen der Flüchtlingskrise in den Herkunftsländern an der Wurzel zu bekämpfen;

Fordern die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, die kommunale Selbstverwaltung zu respektieren und die notwendigen Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen sicherzustellen, indem entsprechende Finanzmittel für die kommunalen Verwaltungen bereitgestellt werden, und ein permanenter Dialog mit den Zentralregierungen über die anzuwendenden Verfahren verfolgt wird;

Erinnern die europäischen politischen Entscheidungsträger an die Charta der kommunalen Selbstverwaltung und bestehen darauf, dass das Partnerschaftsprinzip bei der Verteilung der Flüchtlinge in unsere Städte, Landkreise und Gemeinden angewandt werden muss;

Bestätigen die Verpflichtung der Kommunen, bei Ausstattung mit den notwendigen Ressourcen, geeignete Maßnahmen für eine erfolgreiche mittel- und langfristige Integration zur Verfügung zu stellen und betonen, dass es vor allem die kommunalen Verwaltungen sind, die die lokalen öffentlichen Dienstleistungen erbringen;

Betonen daher und in Antwort auf die humanitäre Notlage, die durch die Ankunft der Flüchtlinge entstanden ist und angesichts der Notwendigkeit, sie bestmöglich in unseren Kommunen zu integrieren, folgende Aspekte:

Finanzielle Aspekte

Wir empfehlen:

  1. die derzeitigen operationellen Programme der Strukturfonds, wo dies möglich ist, entsprechend anzupassen, um den Kommunen die Finanzierung der Kosten für die mittel- und langfristige Integration zu ermöglichen, die üblicherweise für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse entstehen (z.B. in den Bereichen Unterbringung, Gesundheit, Soziales, Bildung), Kernbereiche der lokalen öffentlichen Dienstleistungen;
  1. dass im Hinblick auf die Verhandlungen über die Revision des zu-künftigen mehrjährigen Finanzrahmens die Finanzierung der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen berücksichtigt wird;
  1. den Städten, Landkreisen und Gemeinden zinslose Darlehen der EIB für den Bau von Wohnungen und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen;.
  1. zu ermöglichen, dass finanzielle Mittel für die Errichtung und Verbes-serung von Unterkünften und zur Integration der Flüchtlinge in die öffentlichen Haushalte eingestellt werden können. 

Aspekte der Sicherheit

Wir unterstützen:

  1. die Vorschläge der Europäischen Kommission zum Erhalt des Schengen-Systems, zur Stärkung der Sicherheit der Außengrenzen der Europäischen Union durch einen operationellen europäischen Grenz- und Küstenschutz, sowie so bald wie möglich die Umsetzung der angekündigten Reform der Dublin-Verordnung, unter Einhaltung der existierenden Vertragsbestimmungen und der Opt-out-Klauseln für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie der Schengen Bestimmungen.

Wir fordern:

  1. eine strenge Überwachung des Status der „sicheren Herkunftsländer“ im Rahmen des internationalen Rechts, um illegale kollektive Ausweisungen in Kriegsgebiete zu vermeiden, und gleichzeitig auf europäischer Ebene eine Liste zu vereinbaren, um die Registrierungsverfahren zu beschleunigen;
  1. die Verfahren zum Erhalt des internationalen Schutzes für die Überführung der Flüchtlinge in die Zielländer, die von der Europäischen Union bestimmt werden, zu beschleunigen; dabei sollten dennoch, falls möglich, die spezifischen Merkmale der Flüchtlinge und des betroffenen Landes berücksichtigt werden;
  1. besondere Berücksichtigung der unbegleiteten Minderjährigen und deren Rechte, um ihnen innerhalb eines permanenten und fairen europäischen Umverteilungssystems zwischen den Mitgliedstaaten besonderen Schutz zu garantieren;
  1. die Anerkennung der Bedürfnisse unbegleiteter Minderjähriger, die besonders der Gefahr des Missbrauchs und der Ausnutzung ausgesetzt sind; für sie besteht ein erhöhtes Risiko, Opfer des Menschenhandels zu werden und deshalb haben sie das Recht auf Schutz;
  1. Maßnahmen zum Schutz weiblicher Flüchtlinge, die ebenfalls eine für Missbrauch und von Menschenhandel gefährdete Gruppe darstellen.

Aspekte der Integration

Wir anerkennen:

  1. die Forderung, dass Flüchtlinge, die den nationalen Gesetzen ent-sprechende Sozialleistungen zur besseren Integration erhalten, im Zeitraum, in dem sie Unterstützungsleistungen erhalten und in Übereinstimmung mit der jüngsten Rechtsprechung des EuGH in den Kommunen bleiben müssen, denen sie zugewiesen wurden.

Wir benötigen:

  1. verstärkte Anstrengungen für eine bessere Koordinierung der Aktivitäten durch einen Dialog zwischen Kommunen und nationalen Regierungen, und eine faire und solidarische Verteilung der Flüchtlinge auf alle Städte, Landkreise und Gemeinden auf europäischer Ebene;
  1. zentrale Regierungen, die die Kommunen unterstützen, um Verdrängungseffekte in den Sozialsystemen und das mögliche Risiko einer wachsenden Fremdenfeindlichkeit zu vermeiden;
  1. Investitionen in Bildung und weitere Initiativen, um die Neuankömmlinge und insbesondere die Frauen zu ermutigen, in den Arbeitsmarkt einzusteigen;
  1. besondere Aufmerksamkeit für die Vermeidung von Konflikten auf allen Regierungsebenen, indem ein Dialog zwischen den Aufnahmekommunen und den Flüchtlingen angeregt wird, um Ablehnung, Fremdenhass und eine mögliche Radikalisierung zu vermeiden;
  1. und betonen erneut unsere Anerkennung des Solidaritätsprinzips und unsere Ablehnung jeglicher politischer Ausnutzung der Flüchtlingskrise;
  1. Unterstützung des CEMR und seiner Mitgliedsverbände durch die Institutionen der EU, um eine spezifische Plattform für den Austausch von Praktiken und Erfahrungen zur Integration der Flüchtlinge durch die Kommunen einzurichten.

Unterstützung der Kampagne

Der DStGB unterstützt die Kampagne des RGRE und beteiligt sich aktiv. Neben dem Versand des Aufrufs sowie der dazugehörigen Informationen gibt es folgende weitere Möglichkeiten, sich aktiv und sichtbar an der Kampagne zu beteiligen und diese zu unterstützen:

  1. Durch einen Beitrag auf Twitter unter dem Schlagwort #localgov4refugees (https://twitter.com/searchf=tweets&vertical=default&q=%23localgov4refugees&src=typd).
  1. Durch eine Teilnahme und Unterzeichnung an der an die Europäischen Mitgliedstaaten gerichteten Online-Petition. Diese ist unter https://www.change.org/p/european-states-it-s-time-you-act-for-refugees-with-towns-and-regions?recruiter=563460494&utm_source=share_for_starters&utm_medium=copyLink abrufbar.

(DStGB, 19.07.2016)