Fachinformationen Abgabenrecht

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© Gila Hanssen / PIXELIO

Straßenbeitragsrecht

Zum unterschiedlichen Anteil für kommunale Teileinrichtung bei einmaligen Straßenbeiträgen sowie zur Bindungswirkung von bestandskräftigen Vorausleistungsbescheiden für die endgültige Abrechnung.

Der VGH Kassel hat sich mit Beschluss vom 19.10.2015 – Az.: 5 A 921/15.Z – mit der Frage beschäftigt, ob die Kommune bei  unterschiedlicher Verkehrsbedeutung für jede einzelne Teileinrichtung einen eigenen Anteil entsprechend der jeweiligen Verkehrsbedeutung festlegen kann.

Die beklagte Kommune hatte bereits Vorausleistungsbescheide für den ersten Abschnitt einer Straße erlassen. Hierbei hatte sie noch einen einheitlichen kommunalen Anteil sowohl für die Teileinrichtung Gehweg als auch für die Teileinrichtung Fahrbahn zugrunde gelegt. Bei der Endabrechnung hingegen hat die beklagte Kommune gemäß § 3 Abs. 2 der Straßenbeitragssatzung den kommunalen Anteil für die Gehwege und die Fahrbahn einzeln gewichtet. Hierbei hat sie für Gehwege und Parkbuchten einen kommunalen Anteil von 25 %, für die Fahrbahn einen kommunalen Anteil von 50 % zugrunde gelegt.

Der VGH Kassel hat klargestellt, dass die Vorausleistungsbescheide im Hinblick auf die kommunalen Anteile keine Bestandskraft entfalten, welche die beklagte Kommune für den Erlass der endgültigen Heranziehungsbescheide binden würde. Die Bestandskraft der Vorausleistungsbescheide beschränkt sich allein auf die Erhebung von Vorausleistungen. Ein darüber hinausgehender Vertrauensschutz in Bezug auf die endgültige Herstellung besteht nicht.

Daher kann die Kommune neu gewonnene rechtliche oder tatsächliche Erkenntnisse bei der endgültigen Heranziehung berücksichtigen.

Gehwege dienen grundsätzlich ganz überwiegend dem Anliegerverkehr (vgl. Beschlüsse des Senats vom 11.03.2014 – 5 B 128/14 – in HSGZ 2014, 387, sowie vom 17.10.2013 – 5 B 1952/13 -; siehe auch zur Differenzierung zwischen verschiedenen Teileinrichtung: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 34, Rn. 10 ff. .m.w.N.). Eine überwiegende Bedeutung für den Durchgangsverkehr haben Sie nur in außergewöhnlichen Konstellationen, so etwa als reine Gehwege zu Orten öffentlicher Veranstaltungen, als Wanderwege o.Ä..

Anlässlich dieses Verfahrens hatte sich der VGH Kassel auch mit der Frage beschäftigt, ob die in den Straßenbeitragssatzungen üblichen Formulierungen „die Beitragspflicht entsteht mit der Fertigstellung der beitragsfähigen Maßnahme“ eine Abweichung von § 11 Abs. 9 HessKAG a.F. beinhaltet. Hierbei hat er zutreffend darauf abgestellt, dass auch die Formulierung „tatsächliche Fertigstellung“ in den Satzungen als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beitragsentstehung so zu verstehen ist, dass mit diesem Zeitpunkt derjenige gemeint ist, in dem der Kommune alle Grundlagen für die Abrechenbarkeit vorliegen. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass selbst wenn man von einer satzungsrechtlichen Abweichung von § 11 Abs. 9 HessKAG a.F. ausgehen wollte, diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen die bindende gesetzliche Vorschrift unwirksam und deshalb nicht maßgeblich sei (so bereits entschieden mit Urteil vom 10.06.2014 – 5 A 337/13 – in HSGZ 2015, 60).

Daher ist festzuhalten, dass die Teileinrichtungen der Straße bei entsprechender Satzungsregelung – wie sie auch dem Satzungsmuster des Hessischen Städte- und Gemeindebundes entspricht – getrennt zu bewerten sind. Herbei dienen Gehwege im Regelfall ganz überwiegend dem Anliegerverkehr und nur in außergewöhnlichen Konstellationen können sie ausnahmsweise dem innerörtlichen Durchgangsverkehr dienen. Weiterhin ist klargestellt, dass neu gewonnene rechtliche und tatsächliche Erkenntnisse der Kommune bei der endgültigen Heranziehung berücksichtigt werden können, unabhängig davon, ob diese bereits bei der Erhebung von Vorausleistungen berücksichtigt worden sind.

Die vollständige Entscheidung des VGH Kassel ist in der Hessischen Städte- und Gemeindezeitung 2016 auf den Seiten 142  bis 143 abgedruckt.