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Erschließungsbeitragsrecht: Zur Bildung einer Erschließungseinheit

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12.05.2016 – 9 C 11.15 – seine Rechtsprechung zur Bildung von Erschließungseinheiten weiter differenziert.

Demnach bilden mehrere zusammenhängende Erschließungsanlagen nur dann eine Erschließungseinheit im Sinne des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB, wenn alle Anliegergrundstücke ausschließlich über eine einzige dieser Erschließungsanlagen (Hauptstraße) mit dem übrigen Straßennetz verbunden sind.

Den tragenden Grund für die Erschließungseinheit bildet insoweit das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße. Es bewirkt, dass die durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke keinen höheren Sondervorteil genießen als die durch die Nebenstraße erschlossenen Grundstücke. Diese durch die Hauptstraße vermittelte Vorteilsgemeinschaft rechtfertigt eine gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Erschließungsaufwands mit dem Ziel, die Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der regelmäßig aufwendigeren Hauptstraße zu nivellieren.

Dagegen darf die gemeinsame Abrechnung nicht zu einer Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße führen. Diese ist nicht vorteilsgerecht, weil die Nebenstraße ihrerseits den von der Hauptstraße erschlossenen Grundstücken keinen über den Gemeinvorteil hinausgehenden Sondervorteil  bieten kann (so schon BVerwG, Urteil vom 10.06.2009 – 9 C 2.08 – BverwGE 134, 1339).

Das Ermessen der Kommune, eine Erschließungseinheit zu bilden, kann sich unter bestimmten Umständen zu einer Rechtspflicht verdichten. Das der Gemeinde eingeräumte Ermessen, ob der Erschließungsaufwand unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB insgesamt ermittelt werden soll, ist grundsätzlich auf null reduziert, wenn die an der Hauptstraße liegenden Grundstücke im Vergleich zu den Grundstücken an der funktional abhängigen Nebenstraße bei Einzelabrechnung um mehr als 1/3 höher belastet würden, der Beitragssatz der Hauptstraße mithin voraussichtlich 4/3 des Beitragssatzes der Nebenstraße übersteigen würde (so auch schon BVerwG, Urteil vom 10.06.2009 – 9 C 2.08 – BVerwGE 134, 139).

 

 

Mühlheim am Main, den 30.12.2016
Abt. 1.3 / wg / uk