Fachinformationen Finanzen / Gemeindewirtschaftrecht

fachinformationen-finanzen-gemeindewirtschaftsrecht
© I-vista / PIXELIO

Wirtschaftliche Betätigung, insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende

Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des HSGB 2011 bis 2013

Die Bestimmungen des Gemeindewirtschaftsrechts umfassen allerdings auch die Regelungen zur Zulässigkeit kommunaler wirtschaftlicher Betätigung. Gerade durch das kommunale Engagement rund um die Energiewende und die Breitbandverkabelung insoweit unterversorgter Gebiete kamen diese Vorschriften im Berichtszeitraum immer wieder in die Diskussion. Zum Problemkreis der Breitbandverkabelung wird auf die Stellungnahmen im einschlägigen Abschnitt betreffend das Telekommunikationsrecht verwiesen. Im Zusammenhang mit der Energiewende waren viele Mitgliedsstädte und –gemeinden des Hessischen Städte- und Gemeindebundes bemüht, Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien (Strom und Wärme) zu errichten und zu betreiben. Daneben war aber auch die Rekommunalisierung von Netzbetrieben Gegenstand der kommunalpolitischen Aktivitäten unserer Mitglieder.

Vor diesem Hintergrund hatten die seinerzeit zuständigen Referenten der Geschäftsstelle in der HSGZ Nr. 4/2011 die Ergebnisse aus der Rechtsberatung zusammengefasst (HSGZ 2011, S. 133 ff.) und dabei insbesondere zu den häufig auftretenden Fragestellungen nähere praktische Hinweise gegeben. Im Rahmen des nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima vom 11.03.2011 einberufenen hessischen Energiegipfels erhoben die kommunalen Spitzenverbände die Forderung nach einer Lockerung bzw. den Wegfall bestimmter kommunalrechtlicher Restriktionen für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Energiebereich. Im Blickpunkt stand hier insbesondere die sogenannte Subsidiaritätsklausel nach § 121 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGO, die aus kommunaler Sicht eine in keiner Weise gebotene Einengung der kommunalen Betätigungsmöglichkeiten beinhaltet.

So bestehen bereits durchgreifende Zweifel an der Erforderlichkeit der Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung. Bis heute (Anfang Oktober 2013) hat es in den 405 Mitgliedsstädten und –gemeinden des Verbandes keinerlei Klage oder auch nur ein vorbereitendes Anschreiben privater Dritter an die jeweilige Gemeinde wegen deren wirtschaftlicher Betätigung gegeben. Von daher besteht aller Grund zu der Annahme, dass der Gesetzgeber hier im Wesentlichen Symbolpolitik betrieben hat. Im Zuge der Diskussion um eine Novelle der HGO im Jahr 2011 erhob der Verband vor diesem Hintergrund die Forderung, die Erzeugung und Verteilung von Energie im Ergebnis aus der Subsidiaritätsklausel – so diese entgegen der Auffassung der Kommunalen Spitzenverbände denn überhaupt aufrechterhalten werden soll - herauszunehmen.

Diese Forderung hat der Hessische Landesgesetzgeber bei weitem nicht vollständig aufgegriffen. Mit dem neu gefassten § 121 Abs. 1a HGO hat er allerdings die Betätigungsmöglichkeiten für Städte und Gemeinden in bestimmten Bereichen erweitert. Im Kern hat der Gesetzgeber dabei allerdings eine pflichtige Beteiligung privater Dritter bei der Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien und der Verteilung daraus gewonnener thermischer Energie vorgegeben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Subsidiaritätsklausel nach § 121 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGO verdrängt.

Angesichts der Neuregelungen haben viele Mitgliedsstädte und –gemeinden des Verbandes entsprechende Projekte kurzfristig auf den Weg gebracht. Die Geschäftsstelle beriet insoweit bei der Vertragsgestaltung und der Gestaltung des Verfahrensablaufs und informierte die Mitglieder wiederum mit Aufsätzen in der Hessischen Städte- und Gemeindezeitung (Nr. 2/2012, S. 54 ff.) sowie mit einem Aufsatz externer Autoren, veröffentlicht in HSGZ Nr. 5/2012, S. 174 ff.

Die Frage der Zulässigkeit der Rekommunalisierung von Stromnetzen blieb zwischen Landesgesetzgeber, Kommunalaufsicht und kommunalen Spitzenverbänden im Einzelnen strittig. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport stellte Mitte 2012 ein „Aufsichtsraster“ zur Diskussion, das die Handhabung der Kommunalaufsicht im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Betätigungen vereinheitlichen helfen sollen. Der Hessische Städte- und Gemeindebund zeigte sich für dieses Ansinnen insofern sehr aufgeschlossen, als eine entsprechende Grundlage geeignet wäre, mehr Rechtssicherheit für die Vorbereitung entsprechender Projekte zu gewinnen. In der Stellungnahme zum vorgeschlagenen Aufsichtsraster kritisierte der Verband daher im Wesentlichen auch nur die im Raster enthaltene negative Positionierung des Landes zur Zulässigkeit der Rekommunalisierung von Stromnetzen.

Angesichts der nicht bis ins Letzte klaren Rechtslage und der auch mit § 121 Abs. 1a HGO nach wie vor bestehenden Einschränkungen haben die kommunalen Spitzenverbände als eine ihrer gemeinsamen Kernforderungen zur Landtagswahl für die nächste Wahlperiode des Hessischen Landtags mehr Bewegungsspielraum für die Kommunen im Zusammenhang mit der Förderung der Energiewende verlangt.

Für eine Reihe von Mitgliedsstädten und –gemeinden des Verbandes in Nord- und Mittelhessen ist insbesondere durch die Kommunalisierung der EON-Mitte ein Thema. Derzeit wird das Modell eines Aufkaufs der nicht in kommunaler Hand befindlichen Aktien durch die bereits als Gesellschafter fungierenden Landkreise erwogen, wobei im Anschluss bis zu 49,9% der dann vollständig kommunalisierten Anteile zum Weiterverkauf an konzessionsnehmende Kommunen und Stadtwerke angeboten werden sollen. Auch hier war die Geschäftsstelle in die rechtliche Würdigung der kommunalrechtlichen Zulässigkeit der Über-nahme entsprechender Anteile durch kreisangehörige Städte und Gemeinden befasst.

Rechtlich und kommunalpolitisch problematisch ist immer wieder die Folge von Auslagerungen – die „ausgelagert“ auf GmbH´s und Eigenbetriebe wahrgenommenen Aufgaben unterliegen einer weniger unmittelbaren Kontrolle durch die Gemeindevertretung (vgl. § 125 HGO). Die Geschäftsstelle nahm zu derartigen Auseinandersetzungen um die Besetzung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsräten immer wieder gutachterlich Stellung.

Auch das Für und Wider der Führung von Aufgaben im Eigenbetrieb war immer wieder Gegenstand von Anfragen der Mitglieder des Verbandes. Letztlich kann aber eine allgemeingültige „Marschroute“ für oder gegen Auslagerungen nicht gegeben werden. Die Geschäftsstelle beschränkte sich daher auf die Darstellung des rechtlichen Rahmens, in dem entsprechende kommunalpolitische Beurteilungen vor Ort stattfinden müssen.