Fachinformationen Finanzen / Gemeindewirtschaftrecht

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Konnexität

Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des HSGB 2011 bis 2013

Einen weiteren Meilenstein i. S. Kommunalfinanzen setzte der Staatsgerichtshof im Mindestverordnungsurteil vom 06.06.2012 (P.St. 2292). Hier unterlagen die 38 klagenden Städte und Gemeinden formal. In den Urteilsgründen stellte der Staatsgerichtshof aber fest, dass die Ende 2008 veröffentlichte und zum 01.09.2009 in Kraft gesetzte neue Mindestverordnung ein Konnexitätsfall war. Wie dieser allerdings auszugleichen sein würde, blieb in der Entscheidung offen.

Damit war es an den streitenden Parteien, eine Einigung über den von Art. 137 Abs. 6 HV vorgegebenen entsprechenden Ausgleich und dessen Abwicklung zu verhandeln. Hierzu beschlossen Landesregierung und kommunale Spitzenverbände im Herbst 2012 eine Vereinbarung, die die Erstattung der auf beiden Seiten als Konnexitätsfall anerkannten Mehrkosten durch die Mindestverordnung umsetzt. Eine erste Pauschalnachzahlung für die Zeiträume ab Inkrafttreten der Mindestverordnung erfolgte an die Gemeinden im Jahr 2013, die übrigen Nachzahlungen stocken die Betriebskostenzuweisungen an die Träger in den Jahren 2014 bis 2018 auf. Der Staatsgerichtshof machte allerdings in der Entscheidung vom 06.06.2012 auch deutlich, dass ein Kostenausgleich nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der entsprechenden Vorschriften sei.

Ebenfalls im Bereich der Kinderbetreuung bewegte sich der nächste Streitfall zwischen Land und kommunaler Ebene. Die drei kommunalen Spitzenverbände hatten im Zuge der jährlich stattfindenden Konnexitätsabfrage angesichts der Ende 2011 verlängerten Geltungsdauer des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs argumentiert, dass die kommunale Ebene damit den ab 01.08.2013 eingreifenden Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu befriedigen hätten. Bei Schaffung dieses Rechtsanspruchs im Jahr 2007 war der Bundesgesetzgeber davon ausgegangen, dass ein entsprechender Betreuungsplatz nach Abzug von Elternbeiträgen für den kommunalen Träger mit Belastungen von 11.900 € verbunden sei und bei Neuschaffung von Plätzen Investitionskosten von rd. 36.000 € pro Platz anfielen.

Das Land trat diesen Darstellungen der Mehrkosten in der Sache nicht entgegen, betonte aber, dass Vorgaben des Bundes kein Konnexitätsfall sein könnten. Dies hatte der Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen in einem 2010 ergangenen Urteil allerdings differenzierter betrachtet und darauf hingewiesen, dass in der Regel – wie auch in Gestalt des HKJGB in Hessen – die Länder zumindest Zuständigkeiten zuwiesen, was als konnexitätsauslösender Verursachungsbeitrag ausreiche.

Auch wenn der StGH im Mindestverordnungs-Urteil die Gültigkeit der Verordnung bestätigt hatte, hatte er doch nachdrücklich an den Gesetzgeber appelliert, einen entsprechenden Kostenausgleich zu schaffen. Vor diesem Hintergrund erfolgte eine wiederum durch die Geschäftsstelle betreute Klage der Städte und Gemeinden Berkatal, Grebenau, Hünstetten, Otzberg, Rödermark und Viernheim wegen des nicht vollständigen Ausgleichs der Mehrbelastungen durch den Rechtsanspruch auf einen U3-Platz. Im Verfahren argumentierte die Geschäftsstelle mit der sehr ausdifferenzierten Rechtsprechung des BVerwG, das in einer Vielzahl von insbesondere das Steuerrecht oder auch die Finanzverfassung betreffenden Verfahren durch Appellentscheidungen das bestehende Recht zwar bestätigt, aber Weiterentwicklungen angemahnt hatte. Einem solchen Vorgehen ist der Staatsgerichtshof indes nicht nähergetreten und hat mit Beschluss vom 14.08.2013 die Grundrechtsklage zurückgewiesen, wobei die Berichterstatter schon durch Beschluss vom 19.06.2013 auf die jedenfalls fehlende Begründetheit hingewiesen hatten.

Bei der Prüfung der Folgerungen aus der bisherigen Rechtsprechung des StGH aus dem Blickwinkel der Kommunen formulierte der Hessische Städte- und Gemeindebund gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden die Forderung nach einer Überarbeitung des Gesetzes zur Sicherstellung der Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände (SFGG). Insbesondere soll der Landesgesetzgeber künftig bereits frühzeitig zur Frage der Konnexitätsrelevanz Stellung nehmen und eine qualifizierte Kostenfolgeabschätzung seiner Aktivitäten in die Gesetzesmaterialien aufnehmen müssen.

Der Hessische Städte- und Gemeindebund wollte zudem darauf hinwirken, dass die kommunalen Spitzenverbände in das Gesetz über den Staatsgerichtshof (StGHG) ausdrücklich aufgenommen werden und - angesichts der Rechtsprechung des StGH zur Konnexitätsvorschrift – eine Sondervorschrift für Klagen unter dem Gesichtspunkt des Konnexitätsprinzip aufgenommen wird. Dieser hätte es nicht bedurft, wenn der Staatsgerichtshof die Motive des verfassungsändernden Gesetzgebers, der bereits nach geltender Fassung des StGHG im U3-Klageverfahren von dem Bestehen einer Klagemöglichkeit der Kommunen unter dem Gesichtspunkt des Konnexitätsprinzips ausging, mehr Gewicht beigemessen hätte.

Durch die Entscheidung des StGH über die Klage der Stadt Alsfeld hat sich die Problematik der fehlenden Konnexitätsausgleiche etwas relativiert. Künftig muss das Land den Finanzbedarf der Kommunen in einem überschaubaren Zeitraum immer aufs Neue ermitteln. Von daher sind auftretende Mehrbedarfe bei der regelmäßig erforderlich werdenden Fortschreibung zu berücksichtigen. Allerdings könnte sich dadurch das Problem stellen, dass Mehrbedarfe nur für die Zukunft berücksichtigt werden. Daher können die kommunalen Spitzenverbände nach Einschätzung der Geschäftsstelle nicht von der Forderung absehen, dem Konnexitätsprinzip mehr prozessuale Durchschlagskraft zu verleihen.