Fachinformationen Asyl / Flüchtlinge

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Bestandsaufnahme: Aktuelle Zahlen und Fakten über Flüchtlinge und Migranten in Deutschland

In einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ vom 08.06.2016 wird eine Bestandsaufnahme zu aktuellen Zahlen und Fakten von Asylbewerbern, registrierten und unregistrierten Flüchtlinge und Migranten gemacht. Die wesentlichen Ergebnisse:

Flüchtlinge
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Aktuelle Zuwanderung

Während vor Beginn der Flüchtlingskrise die monatlich veröffentlichten Zahlen der Asylanträge grundsätzlich deckungsgleich mit jenen der Eingereisten waren, gehen seit 2015 die Zahlen der irregulären Migranten, die im bundesweiten Verteilungssystems EASY registriert wurden und die Zahl der gestellten Asylanträge immer weiter auseinander. So wurden rund 1,1 Millionen Easy-Registrierungen gezählt, aber aufgrund des Bearbeitungsstaus des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nur 477.000 Asylanträge gestellt.

 Im Februar 2016 überstieg die Zahl der Asylanträge erstmals wieder die Zahl der Easy-Registrierten. Im April wurden fast 61.000 Asylanträge gestellt, aber weniger als 16.000 Asylsuchende registriert. Im Mai gab es 55.000 Anträge und etwas mehr als 16.000 Easy-Registrierungen. Unter diesen Personen sind auch viele schon länger aufhältige irreguläre Zuwanderer. 

Die Bundespolizei stellte im April wesentlich weniger – rund 5.400 – Eingereiste fest. Im Mai sank die Zahl weiter auf etwa 4.500, wie die Bundespolizei der „Welt“ mitteilte. Insgesamt hat die Bundespolizei seit dem Jahresbeginn 2016 bereits knapp 118.000 illegale Einreisen festgestellt. 

Insgesamt leben laut Statistischem Bundesamt 9,1 Millionen Ausländer und 9,2 Millionen Deutsche mit ausländischen Wurzeln in Deutschland. Letztere haben zumindest die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik. Bei den unter Fünfjährigen stellen Migranten inzwischen etwa ein Drittel der Bevölkerung. Diese Kinder haben in der Regel einen deutschen Pass.

 

Registrierte Asylbewerber/Flüchtlinge vor der Antragstellung

Mehr als 1,5 Millionen „Ausländer mit Bezug zum Asylverfahren“ leben im Land (Stand 30. April 2016), bei denen ein Asylverfahren aktuell läuft oder bereits abgeschlossen ist. Zu den 1,5 Millionen kommen jene Schutzsuchende, die noch keinen Asylantrag stellen konnten. Laut BAMF waren dies zu Jahresbeginn noch 300.000 bis 400.000 Menschen. Seitdem sei die Zahl auf unter 300.000 gesunken. Dabei handele es sich laut BAMF nicht um unregistrierte Flüchtlinge, sondern um solche Migranten, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer untergekommen seien.

Von den 1,5 Millionen Zuwanderern seien neben den rund 400.000 auf eine Asylentscheidung Wartenden auch Ausländer enthalten, deren Antrag schon vor vielen Jahren abgeschlossen wurde. Diese Personen leben aber immer noch in Deutschland – sei es als anerkannter oder abgelehnter Asylbewerber, sei es mit oder ohne Aufenthaltstitel. Nicht enthalten seien Migranten mit abgeschlossenen Asylverfahren, die inzwischen deutsche Bürger geworden sind. Deren Daten werden nach Angaben des BAMF mit Erhalt der Staatsbürgerschaft aus dem Ausländerzentralregister gelöscht. Zuwanderer mit ausschließlich deutschem Pass sowie Doppelstaatler und ihre Nachkommen gelten nicht als Ausländer.

 

Unregistrierte Ausländer

Die Zahl der unregistrierten Ausländer könne nicht präzise erhoben werden. Darunter fielen vor allem Flüchtlinge und Migranten, die in einem anderen Land Schutz beantragen wollen oder aus Angst vor einer Ablehnung erst gar keinen Asylantrag stellen. Nach Schätzungen der Migrationsforscherin Dita Vogel von der Universität Bremen befanden sich 2014 zwischen 180.000 und 520.000 „irregulär aufhältige“ Ausländer in Deutschland. Auch das BAMF verwende Zahlen der Forscher.

Dies werde auf Grundlage der polizeilichen Kriminalstatistik berechnet. Dabei werde die Anzahl der Tatverdächtigen mit Aufenthaltsstatus „illegal“ ins Verhältnis zu den Tatverdächtigen mit deutscher Staatsbürgerschaft und der Gruppe der legal im Land lebenden Ausländer gesetzt. Diese Berechnung der Wissenschaftler bezieht sich auf die Gruppe der „irregulär Aufhältigen“ insgesamt: also auf alle Ausländer, die nicht in Behördenkontakt stehen. Darunter fallen zum einen Migranten, die noch nie mit einer Behörde in Kontakt standen. Zum anderen die sogenannten untergetauchten: Ausländer, die nicht mehr in Kontakt mit deutschen Behörden stehen. Beispiele seien diejenigen, die bereits legal im Land gelebt und dann ihren Aufenthaltsstatus als Studenten oder Arbeitnehmer verloren haben und trotzdem bleiben oder als Touristen legal eingereist seien und bei Bekannten eine Schwarzarbeit gefunden haben, die ihnen eine unentdeckte Existenz ermögliche.

Laut einem weiteren Bericht der „Welt“ vom 09.06.2016 falle in der polizeilichen Kriminalstatistik (vgl. auch DStGB-Aktuell Nr. 2116-06) auf, dass Flüchtlinge aus manchen Ländern überproportional straffällig werden. Das trifft vor allem auf die Balkanländer wie Serbien, Nordafrika, insbesondere Marokko und Georgien zu. Eine Vielzahl von ihnen komme vom Land und habe dort keinen Zugang zu Ausbildung und einer berufliche Perspektive. Ohne eine Qualifikation sei es für sie schwierig, in Deutschland Fuß zu fassen. Dagegen sei in Georgien und Serbien vielfach organisierte Kriminalität zu verzeichnen. Laut der „Welt“ kämen zwar nicht viele Flüchtlinge aus diesen Ländern, ein Großteil der Asylanträge werde jedoch abgelehnt. Die Wartezeit von acht bis zwölf Monaten nutzen die Antragsteller auch, laut dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, André Schulz, um Straftaten zu begehen. Vor dem Hintergrund werde seitens der Bundesregierung überlegt, Georgien zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären.

 

Kontingentflüchtlinge und unbegleitete Minderjährige

Zu keiner der bisher genannten Gruppen gehören die etwa 35.000 syrischen Kontingentflüchtlinge. Sie stellten keinen Asylantrag, sondern wurden direkt nach Deutschland geflogen, nachdem ihre Schutzbedürftigkeit vor Ort festgestellt wurde. Hinzu kommen außerdem viele der etwa 70.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge – sie stellen mehrheitlich keinen Asylantrag.

Ausreisepflichtige

Von den Ausländern in Deutschland seien rund 220.000 ausreisepflichtig. Meist handele es sich um abgelehnte Asylbewerber. Unter den Ausreisepflichtigen seien rund 168.000 sogenannte Geduldete, deren Abschiebung vorübergehend, etwa aus gesundheitlichen Gründen, ausgesetzt wurde. Die Übrigen entziehen sich der Abschiebung durch Untertauchen oder können wegen der viel beschriebenen Vollzugshemmnisse nicht in die Heimat gebracht werden.

Laut der „Welt“ heißt es aus dem Bundesinnenministerium, dass für dieses Jahr mit 27.000 Abschiebungen und 61.000 freiwilligen Ausreisen gerechnet werde. Bis Ende April wurden nach Angaben des Innenressorts 9.273 Personen abgeschoben – im gesamten Jahr 2015 waren es fast 20.900 (vgl. auch DStGB-Aktuell Nr. 2216-01). Zusammen mit den freiwillig Ausgereisten kommt man für 2016 auf bisher 29.100 Migranten, die einen der beiden Wege der Aufenthaltsbeendigung beschritten.

Problematisch sei, dass man sich in einigen Fällen nicht sicher sein könne, ob der freiwillig Ausgereiste auch tatsächlich ausgereist ist. Wie die „Welt“ im März recherchierte, werden auch viele Migranten als ausgereist erfasst, deren von der Ausländerbehörde ausgehändigte Grenzübertrittsbescheinigung nie zurückgesandt wurde. Ein großer Teil der Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen erfolge in die sechs Staaten des Westbalkans. Eine der großen Herausforderungen in der Migrationskrise wird es nun, Abschiebungen und freiwillige Ausreisen der in diesem Jahr hunderttausenden abgelehnten Asylbewerber auch in andere Staaten außerhalb des Westbalkans zu ermöglichen.

(Quelle: „Die Welt“ vom 8.6.2016: „Die Zahl der Untergetauchten können Forscher nur schätzen“, sowie vom 09.06.2016: „Mafia, Clans und Vorstadtdiebe“)

Aus kommunaler Sicht hat die zu erwartende Zahl an Asylbewerbern und Flüchtlingen mit Bleibeperspektive eine besondere Relevanz für die Planbarkeit und Finanzierung der Versorgung und Integration der Menschen vor Ort. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Schaffung von Wohnraum, zusätzlichen Schul- und Kitaplätzen, Kinder- und Jugendhilfemaßnahmen, die Schaffung von Personal, die Arbeitsmarktintegration, Sprachschulung und Bildung der Geflüchteten.

 

(DStGB, 09.06.2016)