Fachinformationen Vergaberecht

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Hessisches Vergabegesetz

Auszug aus dem Tätigkeitsbericht des HSGB 2011 bis 2013

Zu den seitens der Fraktionen der CDU und der FDP, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis/DIE GRÜNEN sowie der Fraktion DIE LINKE vorgelegten Gesetzentwürfe zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft und der Vergabe öffentlicher Aufträge hat der Hessische Städte- und Gemeindebund aus kommunaler Sicht zum Inhalt der jeweiligen Gesetzentwürfe Stellungnahmen abgegeben:

Zwar ist die mit den Gesetzentwürfen erfolgte Intension, Arbeitsplätze zu sichern, Mindestlöhne festzuschreiben und die berufliche Gleichstellung von Männern und Frauen zu forcieren sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern und die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen Geltung zu verschaffen als politisches Ziel nachvollziehbar. Die Umsetzung dieser Aspekte im Vergabeverfahren und im Zusammenhang mit Vergabeentscheidungen ist aber als falscher Weg beurteilt worden: Sind die tarifliche Ordnung und soziale Sicherung gefährdet, müssen ordnungs- und sozialpolitische Maßnahmen ergriffen werden. Eine Verlagerung in das Vergaberecht, insbesondere auf die kommunale Ebene, ist nicht zielführend. Das Vergaberecht ist eignungs- und leistungsbezogen. Der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen und die dafür maßgeblichen Kriterien sind der Preis und die Wirtschaftlichkeit. In den Gesetzentwürfen innewohnenden Kriterien sind jedoch vergabefremde Kriterien und stellen Eingriffe in den freien Leistungswettbewerb dar. Aus vergaberechtlicher und kommunaler Sicht liegt das Vergabeinteresse darin, das wirtschaftlichste Angebot unter Berücksichtigung der Vergabekriterien „Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Preis“ zu erreichen und das Auswahlverfahren auf produkt-, eignungs- und leistungsbezogene Kriterien zu beschränken. Vergabefremde Kriterien höhlen dieses Ziel aus. Der Wettbewerb unter den Bietern wird verfälscht.

Darüber hinaus hat der Hessische Städte- und Gemeindebund darauf hingewiesen, dass der Inhalt der Gesetzentwürfe in erheblichem Maße gegen das vom Land Hessen getragene Ziel, Standards abzubauen und die kommunalen Haushalte zu entlasten, verstoße: Die Gesetzentwürfe enthielten vergabefremde Aspekte, die auf Seiten der Kommunen zu einem erheblichen erhöhten Aufwand aufgrund nicht erforderlicher Standards und zu einem Bürokratieaufbau führten. Dies gelte nicht nur auf Seiten der öffentlichen Auftraggeber, sondern auch auf Seiten der Bieter. Die von diesen zu erbringenden sehr hohen Nachweispflichten könnten dazu führen, dass überhaupt keine Angebote mehr abgegeben würden und damit der Wettbewerb erhebliche Einschränkungen erfahre.

Die Vorgabe vergabefremder Kriterien führt dazu, dass den Kommunen ordnungs- und sozialpolitische Interessen des Landes auferlegt werden, wie sie sie im Rahmen der Vergabeverfahren zu berücksichtigen haben. Die aus der Übernahme dieser Aufgaben des Landes im Sinne neuer Aufgaben entstehenden Kosten sind den Kommunen aus originären Landesmitteln zu erstatten und dem Konnexitätsprinzip Genüge zu tun. Es ist den Kommunen nicht zuzumuten, ordnungs- und sozialpolitische Aufgaben des Landes unter gleichzeitiger Hinnahme erheblicher Mehrkosten zu erfüllen, ohne dafür ein Kostenausgleich zu erlangen. Die wirtschaftliche Situation der Kommunen lässt dies nicht zu.

Schließlich birgt die Einbeziehung vergabefremder Kriterien in ein Gesetz auch die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen durch Bieter einer rechtlichen Überprüfung mit hohen prozessualen Risiken und Zeitverzögerungen zugeführt werden. Eine Abweichung vom Grundsatz der Eignung der Bieter und der bestehenden Vergabekriterien durch unklare und nicht erfüllbare vergabefremde Kriterien öffnen einem solchen Vorgehen „Tür und Tor“.

Der Hessische Städte- und Gemeindebund hat des Weiteren zu den einzelnen in den jeweiligen Entwürfen vorgesehenen Regelungen Stellung genommen und diese im Rahmen der Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr noch einmal vorgetragen.

Zu dem am 01.07.2013 in Kraft getretenen Hessischen Vergabegesetz sind die Mitgliedsstädte und -gemeinden durch eine Eildienstmitteilung (Eildienst Nr. 6 – ED 50 vom 23.04.2013) und der gleichzeitigen Darstellung und Ausführung des Inhalts informiert worden.