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Jahresbericht zum Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung

DStGB vom 6. Mai 2016

Das Bundeskabinett hat den Jahresbericht „Bessere Rechtsetzung 2015“ beschlossen. Während der Bürokratieabbau bei den Unternehmen Wirkung zeigt und diese um rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr entlastet, erhöht sich der laufende Erfüllungsaufwand für die Verwaltung um 23,6 Millionen Euro pro Jahr. Darin enthalten ist unter anderem der Mehraufwand für die Umsetzung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes, Änderungen des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes, Datenaustauschverbesserungsgesetzes und des Wohngeldreformgesetzes. Eine Entlastung der Verwaltung bringt dagegen vor allem die Modernisierung des Vergaberechts. Bei den Bürgerinnen und Bürgern ist ein vergleichsweise moderater Anstieg um rund 1,5 Millionen Stunden und 30 Millionen Euro jährlich zu verzeichnen. Insgesamt besteht großes Vertrauen von Bürgern und Unternehmen in die Unbestechlichkeit, Diskriminierungsfreiheit und Fachkompetenz der Behörden in Deutschland.

Das Bundeskabinett hat den Jahresbericht „Bessere Rechtsetzung 2015“ beschlossen. Der beschlossene Bericht gibt Auskunft über den laufenden, messbaren Erfüllungs- und Bürokratieaufwand der Wirtschaft, Verwaltung und Bürger durch gesetzliche Regelungen. Darüber hinaus wird auch Auskunft über weitere Maßnahmen gegeben, mit denen Bürger, Wirtschaft und Verwaltung von Bürokratie entlastet werden sollen.

Die Ergebnisse basieren auf dem Arbeitsprogramm „Bessere Rechtsetzung“, mit dem sich die Bundesregierung bereits im Jahr 2014 entschieden hat, die Belastungen, die durch neue Gesetze und Regelungen für alle entstehen, spürbar abzusenken. Ziel ist es, den sogenannten Erfüllungsaufwand zu reduzieren und die Rechtsetzungsprozesse zu verbessern. Die Erfahrungen der Bürgerinnen, der Bürger, der Wirtschaft und der Verwaltung sollen dabei künftig noch mehr im Mittelpunkt stehen.

Wesentliche Ergebnisse des Jahresberichts

Entlastung durch Bürokratiebremse für die Wirtschaft

Das im März 2015 beschlossene Konzept der Bundesregierung zur Umsetzung der Bürokratiebremse hat zu einer Entlastung der Unternehmen und Selbstständige um rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr geführt. Entlastung heißt Reduzierung beim laufenden Erfüllungsaufwand, also den Folgekosten, die durch gesetzliche Regelungen entstehen. Diese Entlastung ist im Wesentlichen durch das im Sommer 2015 verabschiedete Bürokratieentlastungsgesetz und das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts erreicht worden. Kern der Regel „One in, one out“ ist es, dass jedes Bundesministerium in gleichem Maße Belastungen abbaut, wie durch neue Regelungen zusätzliche Belastungen entstehen. Dadurch sollen Erfüllungsaufwände dauerhaft begrenzt werden, ohne politisch gewollte Maßnahmen zu behindern.

Die Bundesregierung hat im Jahr 2015 insgesamt 53 Vorhaben beschlossen, die unter die Bürokratiebremse fallen. Dabei haben 26 Vorhaben mit insgesamt 457 Millionen Euro zu einem Anstieg („in“) des laufenden Erfüllungsaufwands geführt. Dem gegenüber stehen 27 Vorhaben, die mit insgesamt 1.415 Millionen Euro zu dessen Rückgang („out“) beigetragen haben. Im Saldo hat sich 2015 der laufende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft um 958 Millionen Euro verringert.

 

Erhöhter Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

 

Für die öffentliche Verwaltung hat sich der laufende Erfüllungsaufwand um 23,6 Millionen Euro pro Jahr erhöht. 74 Regelungsvorhaben des Jahres 2015 wirken sich auf den laufenden Erfüllungsaufwand der Verwaltung aus. 14 davon verringern den Erfüllungsaufwand und 59 tragen zu seinem Anstieg bei. Insgesamt ist der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung um 23,6 Millionen Euro pro Jahr gestiegen. Die zusätzliche Belastung der Verwaltung fällt also gering aus.

Die wichtigsten Änderungen, die sich auf den laufenden Erfüllungsaufwand für die Verwaltung auswirken:

Die Modernisierung des Vergaberechts entlastet die öffentliche Verwaltung insgesamt um rund 178 Millionen Euro pro Jahr. Einerseits senkt die E-Vergabe die Aufwände um 235 Millionen Euro. Andererseits muss die Verwaltung Softwarelizenzen für ca. 20 Millionen Euro erwerben und bestimmte Statistikpflichten erfüllen, die mit rund 37 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Der laufende Erfüllungsaufwand der Verwaltung steigt mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz um ca. 121 Millionen Euro an. Dieser Mehraufwand in der Verwaltung entsteht durch die Öffnung der Integrationskurse auch für Asylbewerber und Geduldete und die im Gesetzentwurf vorgesehenen Schutzimpfungen für Flüchtlinge.

52 Regelungsvorhaben des Jahres 2015 lösen bei der Verwaltung Umstellungskosten in Höhe von insgesamt 357 Millionen Euro aus. Damit verursachen die Vorhaben des vergangenen Jahres weniger als die Hälfte des einmaligen Erfüllungsaufwands aus dem Jahr zuvor.

Folgende Regelungsvorhaben verursachen die größten Umstellungsaufwände:

  • Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes
  • Datenaustauschverbesserungsgesetz
  • Verordnung über die Arbeitszeit von Soldatinnen/Soldaten
  • Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
  • Wohngeldreformgesetz

 

Zufriedenheit der Bürger mit behördlichen Dienstleistungen

Vorgestellt wurden auch die Ergebnisse der sogenannten Lebenslagenbefragungen des Statistischen Bundesamtes. Hier stand die Frage im Mittelpunkt, wo Bürokratie besonders spürbar ist. Aus den mehr als 9.000 Interviews hat sich ein großes Vertrauen von Bürgern und Unternehmen in Unbestechlichkeit, Diskriminierungsfreiheit und Fachkompetenz der Behörden in Deutschland ergeben. Als häufige Probleme bei Kontakten mit der Verwaltung haben sich aber die Verständlichkeit des Rechts und von Formularen erwiesen. Die Bundesregierung werde diese Ergebnisse auswerten und in ihrer künftigen Arbeit aufgreifen.

 

Weitere Maßnahmen zur spürbaren Entlastung der Bürger, Wirtschaft und Verwaltung

Folgende weitere Maßnahmen, mit denen Bürger, Wirtschaft und Verwaltung von Bürokratie entlastet werden sollen, zeigen laut dem Jahresbericht bereits Wirkung. Darunter fällt: 

  • die Analyse des Aufwandes für die Leistungen für Bildung und Teilhabe, 
  • die Reform der Pflegedokumentation, 
  • das Datenmodell „ZUGFeRD“ für elektronische Rechnungen oder 
  • die neuen Informationsplattformen „Familienwegweiser“ sowie „Sozialversicherung für Arbeitgeber“.

 Im Einzelnen trifft der Bericht unter anderem Aussagen zum Erfüllungsaufwand zu folgenden Gesetzesvorhaben und Projekten:

 

Leistungen für Bildung und Teilhabe (Bildungspaket)

 Ermittelt wurde der Erfüllungsaufwand, den das sogenannte Bildungspaket bei Leistungsstellen, betroffenen Familien und Leistungsanbietern verursacht: 

  • Die kommunalen Leistungsstellen des Bildungspakets erbringen jährlich einen Gesamtaufwand von 136 Millionen Euro.
  • Die Leistungsberechtigten selbst, also die einkommensschwachen Familien, wenden jährlich 2,8 Millionen Stunden für Antragstellung, Wege- und Wartezeiten auf. Ihnen entstehen Sachkosten (zum Beispiel Fahrt- und Portokosten) in Höhe von 12,2 Millionen Euro.
  • Für die Anbieter von Leistungen (Sportvereine, Musikschulen, Essensanbieter etc.) wurde ein jährlicher Gesamtaufwand von 43,8 Millionen Euro (davon 41,4 Millionen Euro Personalaufwand) errechnet.

Dabei zeigte sich, dass sich aus den derzeitigen Erkenntnissen noch keine Sofortmaßnahmen ergeben, die den Erfüllungsaufwand absenken könnten. Die Gesamtevaluierung, die 2016 vorliegen wird, soll skizzieren, wo und wie das Bildungspaket verbessert werden kann, damit es sowohl für die Verwaltung als auch für die betroffenen Eltern leichter zu handhaben ist.

Das im Jahr 2011 eingeführte sogenannte Bildungspaket sieht zusätzliche Leistungen für Familien vor, die die Bildungschancen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch für solche Kinder und Jugendliche zu verbessern sollen, deren Familien nur ein geringes Einkommen haben. Ziel ist es, die Aufwände der Akteure quantitativ abzuschätzen und Vereinfachungs- und Verbesserungsvorschläge bei den Befragten zu sammeln. Träger des Bildungspakets sind die Kommunen, in der Regel also Kreise und kreisfreie Städte. Sie entscheiden über die Umsetzung und erbringen auch die Leistungen an die Familien.

 

E-Beschaffung

Besondere Bedeutung kommt der elektronischen Rechnung auch im öffentlichen Beschaffungswesen zu. Denn die Novellierung des europäischen Vergaberechts verpflichtet die Verwaltungen in den Mitgliedstaaten grundsätzlich ab dem 18. April 2016 dazu, Vergabeunterlagen im sogenannten Oberschwellenbereich grundsätzlich elektronisch bekanntzumachen und für jedermann kostenlos bereitzustellen. Ferner besteht die Möglichkeit die Anwendung einiger Vorschriften – abhängig davon, ob es sich um zentrale oder dezentrale Vergabestellen handelt – bis maximal zum 18. Oktober 2018 aufzuschieben. Spätestens im Oktober 2018 muss dann auch die gesamte Kommunikation in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronisch abgewickelt werden.

Um die elektronische Vergabe sowohl für die bietenden Unternehmen als auch für die Behörden in Bund, Ländern und Kommunen einfacher zu machen, wurde ein Standard für den einheitlichen Zugang definiert. Am 17. Juni 2015 wurde XVergabe vom IT-Planungsrat als nationaler Standard beschlossen. XVergabe soll innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden.

 

Modernisierung des Nationalen Waffenregisters (NWR)

Das 2013 eingeführte Nationale Waffenregister (NWR) habe nachweisbar zur Modernisierung der Waffenverwaltung beigetragen. Damit wird sichergestellt, dass der Staat umfassend darüber informiert ist, wer welche Schusswaffen besitzt und warum. Mit dem NWR können die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern die wesentlichen Informationen besser nutzen als zuvor. Die Innenministerkonferenz (IMK) prüft derzeit, wie das NWR stufenweise weiter ausgebaut werden kann, damit unter anderem der gesamte Lebenszyklus einer Waffe (Herstellung, Handel, Ex- und Import) verfolgt und ausgewertet werden kann. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe NWR habe 2015, im Auftrag der IMK, ein Realisierungskonzept für den Registerausbau (Einbindung von Herstellern und Vertreibern von Waffen) mit Varianten erarbeitet.

In der Frühjahrskonferenz 2016 der IMK wird sie die wesentlichen Ergebnisse zur Weiterentwicklung des Gesamtsystems vorstellen und Aussagen zu Bedarf, Nutzen, Aufwand und Kosten für die daran Beteiligten treffen.

 

Verwaltungsprozesse im Pass- und Ausweiswesen

Verwaltungsprozesse, also Antragstellung und Ausgabe der Dokumente, ließen sich weiter vereinfachen. Zu diesem Ergebnis kam eine Bund-Länder-AG, die die Abläufe in den Ämtern untersuchen und bewerten sollte. Sie identifizierte einige Vorgänge, die vereinfacht und gestrafft werden können. Die Ergebnisse der AG wurden den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden präsentiert. Werden die Vorschläge umgesetzt, sparen die Antragsteller Zeit und die Kommunalverwaltungen Kosten.

 

Stärkere Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen

Bundesregierung, Länder und Kommunen arbeiten seit 2007 zusammen, um Bürgerinnen, Bürger und die Wirtschaft in Deutschland weiter zu entlasten. Das gemeinsame Ziel ist es, ein reibungsloses Zusammenwirken von Bundesrecht und seinem Vollzug durch Länder und Kommunen zu erreichen. Außerdem gilt es, den Aufwand für die Datenerhebung zu verringern, mit der die Erfüllungsaufwände ermittelt werden. Aus diesem Grund hat das Statistische Bundesamt sein Programm „Erfüllungsaufwand berechnen ex ante (ERBEX)“ auch mit der Option einer Länderabfrage ausgestattet. Erste Erprobungen im Jahr 2015 haben bestätigt, dass der Datenaustausch zwischen Bundesministerien und Landesbehörden auf diesem Weg erheblich einfacher ist. Auch bei der Überprüfung von bundesrechtlichen Vorschriften durch das BMI wurden Länder und Kommunen um ihre Mitwirkung gebeten. Hier kommen vor allem solche Verfahren auf den Prüfstand, die persönliches Erscheinen oder die sogenannte Schriftform erfordern.

Im Bund-Länder-Kommunen-Arbeitskreis beim Bundeskanzleramt wurden Erfahrungen aus Ländern und Regionen zu Regulierungen, Bürokratiebelastungen und einer Beteiligung der Bürger an der Weiterentwicklung von Politik und Recht ausgetauscht. Die Bundesregierung prüft außerdem die Möglichkeiten einer intensiveren Zusammenarbeit mit den Ausschusssekretariaten des Bundesrates und dem Normenkontrollrat.

Der vollständige Bericht ist unter www.bundesregierung.de abrufbar.