aktBuerg

Aktive Bürger =
Starke Kommunen

In den letzten Jahren ist in Hessen ein beispielhaftes Netz von bürgerschaftlichen Initiativen entstanden. In Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Haushaltsmittel haben die Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit erkannt, in ihrer Kommune selbst "mit anzupacken".
In Hessen sind rund 2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Neben der freiwilligen Feuerwehr engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Organisationen im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Viele Menschen wollen sich allerdings nicht mehr in fest gefügten Strukturen engagieren. Sie wollen vielmehr punktuell und auf Zeit mitarbeiten.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund möchte das in den Mitgliedskommunen bereits vorhandene bürgerschaftliche Engagement bekannt machen und den Anstoß, aber auch Unterstützung geben, dass in möglichst vielen Gemeinden und Städten der freiwillige Einsatz der Bürger gefördert wird.

Aktive Bürger

„Wir am Meißner“

Die Gemeinde Meißner liegt zwischen dem Hohen Meißner und dem Werratal im Naturpark Meißner-Kaufunger-Wald etwa 40 Kilometer südöstlich von Kassel. Meißner gehört zum Werra-Meißner-Kreis und hat rund 3100 Einwohner, die sich auf sieben Ortschaften verteilen. Im Ortsteil Abterode ist der Sitz der Gemeindeverwaltung.

meissner

Für überregionale Aufmerksamkeit sorgte jetzt der Fernsehwettbewerb „Dolles Dorf“. In der entsprechenden Sendung wurden aktuelle Projekte mit Flüchtlingen in Abterode vorgestellt. Ab September 2015 wurden der Gemeinde Meißner Flüchtlinge zugewiesen. Eine erste Gemeinschaftsunterkunft mit 20 Personen wurde im Gebäude eines ehemaligen Schlecker-Ladens eingerichtet. Im Januar 2016 folgte eine zweite Gemeinschaftsunterkunft, auch die in Abterode gelegen, mit 15 Personen. Im Februar 2016 wurde eine dritte Gemeinschaftsunterkunft, diesmal im Ortsteil Germerode mit 15 Personen eingerichtet.

Vor der ersten Zuweisung hat die Gemeinde frühzeitig zu einer Bürgerversammlung eingeladen und die Menschen am Hohen Meißner auf die Neuzuwanderung vorbereitet. Die Gemeinschaftsunterkünfte wurden vom Kreis eingerichtet, der die Arbeiterwohlfahrt als Betreiber verpflichtet hat. Die Gemeinde organisiert das Ankommen der Menschen, die ersten Schritte in der neuen Umgebung und kümmert sich um die Integration der Asylbewerber.

Wer ist bereit beim Sprachtraining zu helfen, wer begleitet die Flüchtlinge zu den Gängen zu den Behörden, wer ist bereit eine Patenschaft für eine Familie zu übernehmen? Bei der Bürgerversammlung wurde ein Fragebogen ausgeteilt, mit dem die Bürgerinnen und Bürger auf verschiedene Felder des bürgerschaftlichen Engagements hin angesprochen wurden.

Der Rücklauf war beachtlich, so dass sich bald ein runder Tisch für die Flüchtlingsarbeit in der nordhessischen Gemeinde gebildet hat. Um das Eis zwischen Flüchtlingen und Einheimischen zu brechen, organisierten die Bürgerinnen und Bürger in Meißner „Willkommensmahlzeiten“: Um sich kennenzulernen und den Flüchtlingen einen schönen Empfang zu bereiten, wurde ein Abendbrot organisiert. Gesellig und in einer großen Runde fanden Einheimische und Neuzuwanderer schnell zueinander. Bei so viel Hilfsbereitschaft fühlten sich die neuen Mitglieder in der Dorfgemeinschaft sehr willkommen.

Die Flüchtlinge, die im Schwerpunkt aus dem Irak und aus Syrien kommen, bekommen inzwischen jeden Tag von ehrenamtlichen Kräften ein Sprachtraining angeboten. Gut angekommen in der Bevölkerung sind auch Arbeitsprojekte. Die Asylbewerber halfen mit, Hecken und Büsche in der Gemeinde zu schneiden. Für diesen „gut sichtbaren“ Einsatz bekamen sie eine kleine Aufwandsentschädigung und vor allem die Anerkennung der angestammten Bevölkerung.

Migranten, die schon lange in Deutschland leben,  helfen bei den Übersetzungen, die insbesondere nötig sind bei Gesprächen in den Kindertagesstätten mit den Eltern und bei Behördengängen.

Um die vielfältigen Hilfsangebote zu koordinieren hat sich in Meißner inzwischen ein Verein gebildet. Die Organisation „Wir am Meißner“ hat zum Ziel, alle bedürftigen Menschen in der Gemeinde zu unterstützen. Bewusst wird keine Abgrenzung zu den Flüchtlingen gemacht.

Auch vor dem Ankommen der Asylbewerber gab es Bedürftigkeit und soziale Herausforderungen, die von den Bürgerinnen und Bürger jetzt gemeinsam angepackt werden. Die Aktivitäten des Vereins konzentrierten sich zunächst auf Abterode, aber mit der Einrichtung der Gemeinschaftsunterkunft in Germerode werden auch hier soziale Hilfeleistungen organisiert.

Ländliche Gebiete, wie der Werra-Meißner-Kreis, können den Zuzug und die Integration von Zuwanderern gebrauchen und bewältigen, wenn sie entsprechend unterstützt werden. Bürgermeister Friedhelm Junghans macht darauf aufmerksam, dass es zwar Leerstände in seiner Gemeinde gibt, aber die für den örtlichen Wohnungsmarkt kaum zu gebrauchen sind. So ist es für die Gemeinde wichtig, anerkannten Flüchtlingen ein entsprechendes Wohnungsangebot machen zu können.

„Wenn die Gemeinden in der Fläche  vorbereitet sind und Anreize zur Ansiedlung der Zuwanderer bieten können, kann es zu einer Win-Win-Situation kommen“. Der Bürgermeister von Meißner macht dies am Beispiel der medizinischen Versorgung deutlich. Viele der Flüchtlinge sind Akademiker und könnten in einer Gemeinde wie Meißner auch eine berufliche Perspektive bekommen. Auf mittelfristige Sicht hin können die medizinische und soziale Versorgung der Menschen vor Ort auch mit Hilfe der Zuwanderer gewährleistet werden.

Durch die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen im Kreis, in Hessisch Lichtenau und in Sontra, ist auch künftig mit der neuen Zuwanderung im Kreisgebiet zu rechnen. Sicherlich war beim Ankommen in der nordhessischen Kommune das Gefühl bei den Flüchtlingen da: „Wo sind wir gelandet?“. Doch die herzliche Aufnahme, die Organisation von Fahrdiensten und die recht schnell entwickelten Beziehungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen tragen dazu bei, dass die Menschen hier bleiben wollen, sofern sie eine berufliche Perspektive erhalten. Darum begrüßt es der Bürgermeister, dass auf Kreisebene eine Stelle eingerichtet ist, die versucht Asylbewerber bzw. anerkannte Flüchtlinge in Arbeit zu bringen.